Samstag, 28. Dezember 2013
Wir veranstalten ein grösseres Konzert und sind
gleichzeitig auch Dirigent, obwohl wir wenig bis nichts von Musik verstehen und
die Partitur nicht lesen können. Ein modernes Werk soll aufgeführt werden, eine
Art Oratorium, in den Mauern eines alten, zum Teil nur noch als Ruine
erhaltenen Palastes. Die Musiker und Sänger besammeln sich, wir gehen
geschäftig herum, begrüssen alle und danken für das Mitmachen, das
unentgeltlich erfolgt. Der Chor stellt sich auf, daneben die Musiker, eine
Bläsergruppe, die aus drei herkömmlichen Bläsern besteht, aus Klarinette,
Fagott und Posaune, dann aber auch aus vier Schwedenhörnern, geblasen von
kräftigen stämmigen Spezialisten, die etwas verspätet eintreffen, weil sie mit
dem Auto extra aus Zug gekommen sind. Schwedenhörner sind seltene Instrumente,
etwa einen Meter lang, gerade, metallisch, ohne Tastatur. Sie sehen aus wie
Alarmsirenen oder jene Lärminstrumente, die in Südafrika an der
Fussballweltmeisterschaft geblasen worden sind, und sollen einen unheimlichen
Ton von sich geben. Jetzt wird es aber interessant, sagen wir zu den
Versammelten, die alle viel mehr von Musik verstehen als wir, aber eben diese
Schwedenhörner nicht kennen. Wir besehen uns die Partitur. Soviel wir
verstehen, kommen zuerst sechs Takte, die stumm sind, das zu dirigieren wird
uns leicht fallen und uns Sicherheit geben, dann setzen die Sänger ein, mit dem
Text in nomine domini, dann folgt er
erste Einsatz der Bläser, deren Noten wir nun nicht mehr verstehen. Wir sind
aber zuversichtlich, dass sie ihre Sache richtig machen werden, denn es sind
alle professionelle Musiker, die auch ohne Dirigent spielen können. Also, sagen
wir, es kann losgehen, bitte stellen Sie sich auf, wir beginnen. Vielleicht
stürzen jetzt dann die Mauern ein, sagen wir, in Erwartung der Schwedenhörner.
Mittwoch, 18. Dezember 2013
Ich befinde mich, zusammen mit mehreren grossen
Affen, hoch oben auf einem riesengrossen Baum. Es scheint unmöglich, je wieder
auf den Boden zu gelangen, denn im unteren Bereich sind viele Äste abgestorben
oder unter dem Gewicht der turnenden Affen abgebrochen. Ein Affe wirft sich in
die Tiefe, segelt eine unglaublich lange Strecke und landet schliesslich, von
einem unerklärlichen Aufwind wieder nach oben getragen, in einem benachbarten
Baum. Ich muss aber hinunter, das ist klar, ich entscheide mich und steige auf
den grossen Ästen entschlossen hinab. Unten, wo es kaum mehr Äste gibt, und ich
mich noch immer zehn Meter über dem Boden befinde, zeigt sich aber ganz
unerwartet ein leichter und bequemer Abstieg.
Samstag, 14. Dezember 2013
Wir
sind im Büro und wollen aufbrechen zum gemeinsamen Mittagessen. Der Kollege
neben uns, ein langweiliger schläfriger Typ, blass und kränklich, haarlos,
langsam, fischgesichtig, kann sich aber nicht von seinem Arbeitsplatz loslösen,
obwohl niemand weiss, was er dort eigentlich macht. Die Kolleginnen und
Kollegen stehen hinter ihm und stimmen ein Lied an, eine populäre Schnulze, was
ihn aber noch immer nicht in Bewegung versetzt. Als wir ihn schliesslich direkt
ansprechen und darauf aufmerksam machen, dass wir jetzt gehen wollen, meint er
bezüglich des Liedes, er habe geglaubt, es sei ein Training für Zypern. (P.S.:
An der kommenden Weltmeisterschaft trifft unsere Fussballnationalmannschaft in
einem halben Jahr im ersten Spiel auf Zypern.)
Donnerstag, 12. Dezember 2013
Und dann nehmen wir an einer grossen politischen Versammlung teil, ein Kongresshaussaal ist bis auf den letzten Platz besetzt, Nationalrat Sch. hält eine Rede, am Ende klatschen alle, auch ich tue das, obwohl ich mit Bürokollegen zusammen bin, von denen ich weiss, dass sie gewiss nicht klatschen wollen, ich drehe mich um, sehe, dass sie mit säuerlichen Gesichtern dasitzen und klatsche deshalb gerade extra weiter, mit hochgestreckten Händen. Die Dinge nehmen dann aber am Ende doch eine Wendung, die auch mir etwas unheimlich wird. Vor uns erscheinen in langen Reihen die bunt uniformierten Mitglieder der Jugendorganisation der Partei, sie sind hübsch angezogen, nicht militärisch, tragen aber an den Kleidern und insbesondere an den Händen viele Stacheln, gegen die es bei Auseinandersetzungen keine Gegenwehr geben würde. Der Auftritt hat also doch etwas Furchterregendes, zumal nun auch noch Auszeichnungen in Form von Abzeichen abgegeben werden. Es finden auch Preisverleihungen statt. Auf einem grossen Gestell stehen viele Preise, zum Teil sind es kleine geschmückte Bäumchen aus Holz, Asylantenbäume. Es wird nun doch alles immer unheimlicher, und als ein Preisträger einen Asylantenbaum erhält, werden einige im Saal unruhig und drängen zum Aufbruch, unter anderem auch meine Kolleginnen und Kollegen.
Sonntag, 8. Dezember 2013
Unser
Direktor, der uns sonst wenig Beachtung schenkt, wendet sich ausnahmsweise sehr
höflich an uns und wünscht, dass wir an einer wichtigen Sitzung teilnehmen, an
der unter anderem ein Staatssekretär erscheinen wird, der in einer wichtigen
Angelegenheit Auskünfte verlangt, die nur wir geben können. Wir lassen uns das
gerne gefallen und sind uns unserer Sache so sicher, dass wir uns gar nicht
weiter vorbereiten. Als wir zur Sitzung erscheinen, sehen wir zu unserem
Erstaunen, dass sie in einem Saal stattfindet, in welchem sich bereits gewiss
zweihundert Leute versammelt haben. Wir gehen davon aus, dass man uns
vielleicht das Wort erteilen wird und setzen uns in die hinterste Reihe. Der
Direktor sieht uns und winkt uns nach vorne, auf das Podium, wo für die
Prominenz Stühle und Tische stehen. Man hat schöne gedruckte Namensschilder
aufgestellt, für uns allerdings nur ein in aller Eile noch mit wackliger
Handschrift erstelltes Schild, man hat offenbar in letzter Minute noch
entschieden, dass auch wir auf dem Podium sitzen sollen.
Donnerstag, 5. Dezember 2013
Wir
sind zuhause, aber mit viel Gesellschaft, wir haben Besuch, Kinder, Freunde,
Bekannte sind da. Ich stehe auf und will zur Türe gehen, als mich ein kleines
Tier von hinten anspringt. Wir schütteln uns und wollen uns befreien, das
Tierchen hält sich aber fest. Wir nehmen an, dass es eine der Katze ist,
vermutlich die dicke kleine Perserkatze, die oft zu Spässen aufgelegt ist. Es
ist aber, wie sich zeigt, das Faultier. Wir haben ja unter unseren Haustieren
auch ein Faultier. Es zeigt sich aber selten und lebt meistens irgendwo auf
Kästen oder Gestellen. Es ist aber offenbar plötzlich sehr anhänglich und will
sich nicht mehr von uns trennen. Wir holen es uns daher mit Hilfe von Freunden
vom Rücken und halten es weiter in den Armen, was nicht ganz einfach ist, denn
es ist sehr beweglich, hat lange Glieder und scharfe grosse runde Krallen, mit
denen es sich bekanntlich in freier Natur an Ästen hängend festhält. Es ist
ganz brav und zahm und verhält sich ruhig. Wir falten seine Glieder zusammen
und legen auch die Krallen so ineinander, dass sie keinen Schaden anrichten
können. Kinder nähern sich und bestaunen das seltsame Wesen, sie dürfen es auch
berühren, was ihm zu gefallen scheint.
Sonntag, 1. Dezember 2013
Später
in gehobenem akademischem Milieu. Wir sitzen alleine in einem grossen Zimmer in
einem Institut und gehen unseren nicht so recht bestimmbaren Forschungen nach.
Ein Professor erscheint mit vielen Leuten, auch Kinder sind dabei. Ist der
Blumenstrauss bereit, fragt er. Wir wissen von nichts und haben selbstverständlich
keinen Blumenstrauss. Wir brauchen sofort einen Blumenstrauss, ruft der
Professor, wir begrüssen ja jetzt ein neues Mitglied unserer Gruppe. Wir zucken
die Schultern, fühlen uns nicht verantwortlich und wissen überhaupt nicht,
worum es geht und was eine Gruppe ist.
Dienstag, 26. November 2013
Wir
hatten es in unserem Zimmer mit einer sehr aggressiven und gefährlichen Art von
Würmern zu tun. Die Würmer waren fingerlang und schwarz und lebten unseren
Körpern. Sie lagen in ihrem Ruhezustand in einem kleinen Röhrchen, einem
muschelartigen Gehäuse und konnten so auch problemlos eingesammelt und
weggeworfen werden. Einige Würmer waren aber bereits aus ihrer Behausung
ausgebrochen und erwiesen sich als äusserst bewegliche Tiere, die kaum mehr
eingefangen werden konnten. Man konnte sie nur wieder einsammeln und in einen
unbeweglichen Zustand versetzen, wenn man ihnen das Röhrchen präsentierte und
sie Lust hatten, wieder hineinzuschlüpfen. Die Würmer, die wir nicht mehr
fangen konnten, versuchten wir mit einem Messer zu zerschneiden. Das gelang
auch, aber die Teile machten sich sofort selbständig und zeigten die gleichen
Eigenschaften wie die ganzen Würmer. Wir mussten sehr darauf achten, dass wir
mit ihnen nicht in Berührung kamen, denn in diesen Fällen hätten sie sich
schnell in unseren Körper hineinarbeiten können. Wir zerstückelten also weiter,
waren aber plötzlich von vielerlei farbigen Insekten umgeben. Grosse Mücken
traten auf, in allen Farben und Formen, und an der Wand waren plötzlich auch
langbeinige grün und gelb gemusterte Spinnen zu sehen. Es waren dies Insekten,
die sich aus den Würmern entwickelt hatten, sie waren aus den Würmern
ausgeschlüpft. Wir begannen, diese Tierchen zu zerquetschen, was recht gut
gelang, denn sie flohen nicht, wenn man sich ihnen näherte.
Freitag, 22. November 2013
Wir
befinden uns in einem Lager, einem Zentrum, sehr viele Leute sind da, haben
irgendein Treffen, eine Schulung, die Räume sind überfüllt, vor den Toiletten
bilden sich Warteschlangen, wir sollten scheissen, finden aber nirgends freie
Toiletten, ausser bei den Frauen, dort gibt es leere Kabinen, denn der
Frauenanteil in dieser Gesellschaft ist klein. Dort wollen wir uns aber nicht
vordrängen, das würde nicht geschätzt, wir gehen hinaus, draussen, gegenüber
unserem Gebäude, gibt es einen schäbigen Parkplatz und Haltestellen für Busse,
dort wird man vielleicht auch sein Geschäft verrichten können, denken wir. Tatsächlich,
es gibt dort ein elendes Loch, ein Plumpsklo, das so verschmutzt ist, dass wir
es auch nicht benutzen können, denn ein übler Bursche, eine düstere
Erscheinung, die in einem alten Auto geschlafen hatte, hat uns sofort entdeckt
und verfolgt, er bedrängt uns nun in der Toilette, die eigentlich nicht viel
mehr als eine Erdhöhle ist, er klammert sich fest an uns, wir können uns aber
lösen und ihn wegstossen, er stürzt schwer, wir müssen fliehen, überprüfen
blitzschnell die verschiedenen Fluchtmöglichkeiten, Autostopp, das wäre
denkbar, auch wenn der Kerl selber ein Auto hat und uns womöglich verfolgen
wird. Im Camp hat es übrigens auch eine Bar, mit einem sehr geschäftstüchtigen
Barkeeper, der mit allen möglichen Dingen handelt. Wir bringen zwei Sachen mit,
die wir verkaufen möchten, eine Maske, vermutlich ein völlig wertloses Souvenir
aus Kreta, dann aber auch eine etwa siebzig Zentimeter hohe schmale Vase, sehr
fein gearbeitet, mit filigranen Verzierungen, diese Vase ist vermutlich echt,
mindestens viertausend Jahre alt. Der Wirt bietet mir sofort zweihundert
Franken, was sehr verdächtig ist, wir sagen: sechstausend.
Donnerstag, 21. November 2013
Eine
Art von Familientreffen findet statt, wir besammeln uns in einer Landbeiz,
keiner sehr vornehmen, und brechen auf zu einem kleinen Spaziergang, der über
eine schmale, sehr steile Treppe in die Ebene hinunterführt. Die Leute steigen
hinab, nicht ohne Schwierigkeiten, und müssen sich gut am Geländer festhalten,
das rechts angebracht worden ist. Am Schluss folgt die Urgrossmutter, eine sehr
kleine, aber sehr bewegliche Frau, die sich aber nicht zurechtfindet und am
Ende in ihrer Verwirrung das Geländer besteigt und darauf hinunterturnt, wie
ein kleiner Schimpanse, dies zum Entsetzen der Zuschauer. Wir eilen herbei und
nehmen die Urgrossmutter auf den Arm, sie ist nicht viel grösser als ein
Kleinkind, wir tragen sie den anderen nach, verlieren aber den Kontakt und
kommen so zum Restaurant zurück, fragen dort nach dem Ziel, zu dem die anderen
aufgebrochen sind, es ist ein altes Kloster, nicht weit von hier, einige
Minuten, gleich um die Ecke. Draussen hat es nun aber stark zu regnen begonnen,
die Strasse steht bereits unter Wasser, obwohl sie sich ja in einiger Höhe
befindet. An ein Durchkommen ist nicht zu denken.
Sonntag, 10. November 2013
Ein
hoher Besuch besichtigt unser Kantonnement. Alles ist blitzsauber und jedes
Zahnbürsteli an seinem Platz. Trotzdem entsteht ein kleiner Skandal. Nach dem
Besuch erscheint der Verteidigungsminister persönlich und führt uns wütend vor
eine Wand. Was gibt es denn dort, uns ist kein Verstoss gegen die strengen
Regeln bewusst. Und doch, schaut hier, ruft der Minister, diese Häschen. Wir
stehen hinten in der Menge der Soldaten und sehen nichts. Was soll es dort
haben, fragen wir einen Kameraden, mit dem wir auch schon im Gymnasium
beisammen waren und der immer alles wusste. Häschen, sagt er, Häschen. Wir
wagen nicht weiter zu fragen, versuchen unser Glück aber beim Hinausgehen noch
bei einem anderen Kameraden. Was sind denn Häschen, frage ich ihn. Es sind
Punkte, die man beim Kauf von Coca Cola bekommt und sammeln kann.
Montag, 4. November 2013
Es ist Nacht, fünf Uhr, wir liegen im Bett, in
der alten Wohnung, in der wir lange gelebt haben, neben uns liegt die Mutter,
die bei uns auf Besuch ist. Wir hören, wie jemand mit schweren Schritten die
Treppe hinaufkommt, in die Toilette geht und die Türe mit lautem Knall
schliesst. Wer kann das sein? Vielleicht ein Gespenst? Was tun? Im Nebenzimmer
schlafen die Kinder. Wir bewegen uns, machen etwas Lärm, um den Eindringlich zu
verscheuchen. Alles bleibt still. Haben wir uns vielleicht geirrt? Wir rufen
nun sogar um Hilfe, zweimal Hilfe, Hilfe, der Nachbar wird uns gewiss hören, er
hört ja immer alles. Nun wird es der Mutter zuviel, sie geht entschlossen
hinaus und öffnet die Türe zur Toilette. Sie kann nur noch äusserst erstaunt
lueg emal sagen, das sind ihre letzten Worte. Wir gehen auch hinaus und sehen
nun nur noch Farben und Formen, Kuben, Pyramiden, Dreiecke, alles leuchtet, die
Flächen, aber auch die Begrenzungen. Die Toilette hat sich aufgelöst, auch die
Mutter ist verschwunden. Eine Verwandlung! Eine Kristallisation! Eine
Emanation. Verwandelt sich das wieder zurück in unsere harmlose gute
Familienwelt, oder ist das nur der Anfang eines endgültigen Prozesses, werden
wir auch erfasst, verschwinden wir auch? Wir erwachen, haben aber grosse Mühe,
uns zurechtzufinden. Wir wagen nicht, uns zu bewegen, sehen dann aber, dass
unser Bett nicht dem Bett entspricht, in welchem wir im Traum lagen. Dort
stiegen wir rechts aus dem Bett, hier aber steht das Bett zur Wand, und wir
steigen links aus ihm, das zeigt uns, dass wir geträumt haben und getrost
aufstehen können. Wir machen das und gehen, wie jede Nacht, angstfrei auf die
Toilette.
Donnerstag, 31. Oktober 2013
Wir
haben einen Lottoschein ausgefüllt, auf einer Poststelle. Unsere Nachbarin kam
zufällig dazu, und wir luden sie ein, doch auch eine Zahl zu nennen. Genau
diese Zahl führt nun dazu, dass wir in einem Feld sechs richtige haben, in
einem andern aber, von dem wir die ersten fünf Zahlen genommen haben, auch fünf
richtige. Schon mit fünf richtigen Zahlen haben wir einen schönen Gewinn, mit
sechs richtigen aber zwei Millionen. Sollen wir das der Nachbarin überhaupt
sagen? Wir sind so gut und so ehrlich, dass wir beschliessen, es zu sagen. Wie
aber soll das Geld verteilt werden? Wir wären an sich zufrieden mit den
vierhunderttausend Franken, die wir mit dem Fünfer erhalten, denken aber doch,
dass sie uns auch von den zwei Millionen etwas abgeben sollte. Vielleicht
zehntausend Franken?
Montag, 21. Oktober 2013
Wir
sind eingeladen, eine grosse Einladung auf dem Landsitz der Blochers. Frau
Blocher steht auf einer Terrasse, wir auf einer Wiese, sie beugt sich zu uns
hinunter. ein grosser alter Hexenkopf, und sagt uns, wir müssten morgen am
Mittag eine Rede halten über Katholizismus. Wir wehren uns zunächst, sagen, wir
könnten das nicht in so kurzer Zeit, zumal wir am Abend auch noch eine andere
Rede halten müssten. Sie lässt die Einwände nicht gelten, das ist ihnen sicher
möglich, sagt sie, das können sie, es ist keine grössere Rede, nur eine halbe
Stunde. Ich werde die Rede mit ihnen noch durchgehen, kommen sie am morgen noch
vorbei. Es handelt sich um eine kleine Konferenz über religiöse Fragen, es wird
dabei auch über andere Bekenntnisse gesprochen, ein orthodoxer Würdenträger ist
schon da, er geht an uns vorbei, festlich gekleidet, in einem schweren
bestickten Mantel. Wir sind zunächst ratlos, dann aber, nach einigen
Überlegungen, fällt uns eine Rede ein, wir werden sie bald beieinander haben,
sie wird sogar an einigen Stellen ganz lustig sein, die Blochers werden ihre
Freude daran haben.
Samstag, 19. Oktober 2013
Ein Regierungsgebäude ist von Terroristen besetzt worden, die Polizei hat den Palast umstellt, wir stehen auf dem weiten Platz vor dem Gebäude und wollen sehen, was geschieht, wir erwarten lange Verhandlungen und keine gewaltsame Befreiung der vielen Geiseln. Jetzt tauchen aber doch plötzlich Spezialeinheiten auf, in roten Uniformen auf roten Motorrädern, sie greifen an und nähern sich dem Gebäude. Die Terroristen eröffnen den Kampf, indem sie Brieftauben fliegen lassen, Brieftauben, die offensichtlich so präpariert wurden, dass sie nur noch kurze Strecken fliegen können und dann flatternd und sterbend zu Boden stürzen, wobei sie ein giftiges Pulver verbreiten, das nun in weissen Wolken dahinschwebt. Wir versuchen, den Wolken auszuweichen und uns zu retten, vorderhand geschieht uns nichts.
Mittwoch, 16. Oktober 2013
Wir waren in einer
Stehbar, in welcher man sich an einem Buffet sein Essen kaufen konnte. Es hatte
nicht viele Leute, wir wollten auch etwas essen, konnten uns aber nicht entschliessen,
wurden auch nicht bedient. Wir sahen zu, wie ein noch sehr junger Angestellter
einen Teller mit kleinen Würstchen füllte, das ging furchtbar langsam, er
kämpfte mit jedem Würstchen minutenlang, bis es in den Teller kam. Wir staunten
über die Geduld des Kunden, der gelassen wartete. Es ging eine gute halbe
Stunde, bis der Teller voll war und der Angestellte verkündete, dass der Teller
hundert Franken kosten würde. Jetzt allerdings hatte der Kunde genug, er
verschwand wortlos, auch wir wollten weggehen, man bedeutete uns aber, dass es
nun noch etwas gratis geben würde. Aus einem hinteren Zimmer wurde eine grosse
Platte gebracht, eine Art Gemüseauflauf, die dort überflüssig geworden war,
andere Gäste hatten schon davon gegessen, die Kader der Schweizerischen
Bundesbahnen, so hörten wir, hätten eine Arbeitsessen gehabt und hätten von
dieser Platte nur wenig genossen. Wir sehen, wie sich einzelne von diesem
Auflauf zu bedienen beginnen. Uns reizt das nicht besonders, wir gehen weg,
ohne etwas gegessen zu haben.
Sonntag, 13. Oktober 2013
Wir leben in einer Wohnung im obersten Stock eines grossen alten Hauses. Die Wohnung voller Winkel, Ecken, Treppchen und Türen, sie soll für unsere Ansprüche erneuert und umgebaut werden. Vor einigen Tagen ist uns ein Blumentopf vom Fenstersims hinuntergefallen, drei Stockwerke tief, auf den Gartenvorplatz, auf dem das alte Bauernpaar, dem das Haus gehört, häufig zu sitzen pflegt. Sie waren sehr entrüstet und beklagten sich heftig bei uns. Jetzt sind Handwerker des Bundesamtes für Bauten und Logistik bei uns, sie haben den Auftrag, für uns ein Arbeitszimmer einzurichten. Sie seien das gewohnt, sagen sie, sie würden öfters zu ihren Kunden fahren, hier allerdings könnten sie uns nicht viel helfen. Mit dieser einen Tischplatte, die in dem einzigen Zimmer steht, das gross genug ist, um einen Arbeitsplatz zu schaffen, könnten sie nicht viel anfangen. So, wie sie es sehen, werde der Auftrag teuer, und die Einrichtung müsse vom Kunden bezahlt werden.
Wir öffnen das Fenster, und jetzt fällt wieder etwas in die Tiefe, ein Teil des Fensters löst sich, ein rechteckiges grosses Metallstück mit dicken Glasscheiben, das ganz mittelalterlich aussieht. Wir hören einen lauten Schmerzensschrei. Angehörige oder Angestellte des Ehepaares kommen die Treppe hinauf und sagen, der alte Bauer sei am Kopf getroffen worden und habe einen grossen Bluterguss. Wir entschuldigen uns tausend Mal, im Kreise der verschiedenen Anwesenden ist uns das alles sehr peinlich, wir hoffen, dass eine Entschuldigung genügt und man nicht weitere Massnahmen gegen uns ergreift.
Wir öffnen das Fenster, und jetzt fällt wieder etwas in die Tiefe, ein Teil des Fensters löst sich, ein rechteckiges grosses Metallstück mit dicken Glasscheiben, das ganz mittelalterlich aussieht. Wir hören einen lauten Schmerzensschrei. Angehörige oder Angestellte des Ehepaares kommen die Treppe hinauf und sagen, der alte Bauer sei am Kopf getroffen worden und habe einen grossen Bluterguss. Wir entschuldigen uns tausend Mal, im Kreise der verschiedenen Anwesenden ist uns das alles sehr peinlich, wir hoffen, dass eine Entschuldigung genügt und man nicht weitere Massnahmen gegen uns ergreift.
Sonntag, 6. Oktober 2013
Wir
sind auf einem Bahnhof irgendwo in der Südschweiz oder in Süditalien und
sollten nach Bellinzona fahren. Es gibt einen Zug, der um 10.20 Uhr fährt.
Obwohl wir viel Zeit gehabt hätten, kommen wir zwei Minuten zuspät zum
Bahnsteig, der nun leer ist. Ist der Zug schon abgefahren, oder hat er, wie wir
hoffen, Verspätung? Nur wenige Reisende stehen auf dem Bahnsteig. In einiger
Entfernung steht eine Ministerin mit einem hohen Beamten, der hochkompetent ist
und ununterbrochen auf die schlanke kleine Dame einredet. Ein kleiner Zug fährt
nun ein, eine grüne Komposition, mehr Strassenbahn als Zug, er hält aber nicht
an, sondern fährt sehr langsam weiter. Eine Lokomotive heran und muss scharf abbremsen,
da es beinahe zu einem Zusammenstoss gekommen wäre. Nach weiteren zehn Minuten
fährt tatsächlich ein richtiger langer Zug ein, er fährt, wie die Anzeigetafeln
auf den Waggons zeigen, nach Venedig. Ist das nun unser Zug? Wir warten auf die
Anzeigen über den Geleisen. Dort bleibt aber alles schwarz, und die
Lautsprecher schweigen. Sollen wir einsteigen? Dieser Zug hält gewiss nicht in
Bellinzona, aber doch wohl auf der Linie nach Venedig in einer Stadt, wo wir
umsteigen könnten. Das alles ist aber nicht sicher, wir stehen weiter
unschlüssig herum. Wir müssen jetzt schon etwas aufpassen, dass wir nicht
plötzlich ohne Halt nach Venedig fahren, sagen wir.
Mittwoch, 2. Oktober 2013
Es
ist kalt, wir haben sehr trockene Lippen. Vittoria ist mit uns, sie hat das
selbe Problem. Sie hat eine Creme, benetzt sich ihre Fingerkuppe mit einigen
Tropfen und und reibt sich die Lippen ein. Wir fragen sehr scheu, ob wir auch
etwas davon haben könnten und halten den Finger hin. Sie sagt aber, wir sollten
nur stillhalten, sie werde es machen. Wir neigen den Kopf zurück, sie lässt aus
ihrem Fläschchen einige Tropfen auf unsere Lippen fallen und verreibt dann die
Flüssigkeit mit ihrem Finger auf meinen Lippen.
Mittwoch, 25. September 2013
Einmal
nehmen wir an einem Anlass teil, der in einem berühmten Luxushotel stattfindet,
wo soeben auch eine anderer Kongress zuende geht. Dutzende von Asiaten
verlassen das Haus, begegnen uns auf dem Vorplatz mit riesigen Photoapparaten,
richtigen Maschinen, die sie kaum tragen können. Sie machen aber unaufhörlich
Aufnahmen, auch wir geraten ins Bild. Dann fährt eine Luxislimousine an uns
vorbei, durch das Fenster sehen wir auf weissen Lederpolstern zwei bedeutende
Persönlichkeiten, Wirtschaftsführer oder Staatschefs, neben ihnen sitzen kleine
und sehr wunderschöne Dolmetscherinnen, die mit Kopfhörern und Mikrofonen
ausgestattet sind und unaufhörlich die Lippen bewegen.
Montag, 23. September 2013
An
einem Anlass sehen wir den berühmten Chefredaktor (oder Herausgeber) der FAZ,
nach einer kurzen Begegnung willigt er ein, von uns ein paar Texte anzusehen.
Wir sollen sie ihm doch bitte bringen. Ein paar Tage später melden wir uns bei
ihm an. Wir haben einige Dokumente mitgenommen, eine zu bezahlende Rechnung,
die nicht uns, sondern die FAZ betrifft, eine handschriftliche Aufzeichung
unserer Mutter über uns, dann einige ältere Zettelchen und nur einen neuen Text.
Für uns macht diese Zusammenstellung einen Sinn, allerdings nur so lange wir
nicht in den Redaktionsräumen der FAZ sind. Der grosse FAZ-Intellektuelle hat
wenig Zeit, erinnert sich kaum mehr an uns und blättert ungeduldig in den ihm
unterbreiteten Papieren. Jetzt zeigt sich, dass sie kaum erklärbar sind, es
besteht kein Zusammenhang, alles ist unklar. Wir legen alles schnell weg,
sagen, er solle es doch bitte ansehen, wenn er Zeit dazu finde. Auch uns
erscheint jetzt alles plötzlich total unnütz und geradezu irr.
Sonntag, 15. September 2013
Ich sitze in einem grossen Büro in einer
militärischen Befehlszentrale vor dem Schreibtisch eines hohen Offiziers. Ich
hätte einen geheimdienstlichen Auftrag nicht richtig erfüllt und damit einen
äusserst schwerwiegenden Fehler begangen, erklärt uns der Herr sehr
aufgebracht. Ich sei deshalb zum Tode verurteilt worden, er werde mich gleich
erschiessen. Er nimmt eine Pistole, die auf seinem Pult liegt und zielt auf
mich. Dann scheint er sich angesichts meines Ranges (ich bin auch Offizier) auf
einen Ehrenkodex zu besinnen und erklärt, ich könnte mich auch selber erschiessen,
wenn ich es wollte. Ohne meine Antwort abzuwarten, legt er die Waffe vor mich
auf den Tisch. Ich reagiere nicht und überlege, was ich tun könnte. Nach
einigen Sekunden nimmt er die Waffe wieder in die Hand und lächelt. Sie ist
nicht geladen, sagt er, ich würde ihnen natürlich nie eine geladene Waffe in
die Hände geben. Sie würden ja damit zuerst einmal mich erschiessen. Dann nimmt
er aus einer Schublade eine weitere Pistole, ein kleines graues Ding, das sehr
gefährlich aussieht. Diese hier ist nun aber geladen, sagt er und zielt erneut
auf mich.
Samstag, 14. September 2013
Wir befinden uns auf einer Reise, steigen aus einem Bus, sind in guter Gesellschaft, mit zwei Frauen, Touristinnen, die sich für uns interessieren beziehungsweise genauer genommen uns ganz gerne zur Verfügung stehen. Es ist alles möglich. Wir möchten küssen, was uns von einer der Frauen sofort gewährt wird, wir spüren dabei allerdings unangenehme Metallteile, die Frau lacht und zeigt uns ihre Einrichtungen, die Mundhöhle steckt voller Piercings, Nägeln und Nadeln, wir bemerken auch eine Büroklammer an der Zunge, die Sadomasofrau kann auch alles ausfahren, eine lange Nadel erscheint, die uns gefährlich stechen könnte, es gibt sogar eine richtige Magensonde, die dem Partner in den Magen gesteckt werden kann. Man kann an dieser Sonde je nach Wunsch auch allerlei Gegenstände anbringen, die Frau zeigt uns zwei schwere unförmige Gummiklumpen und sagt, dass diese ihr Freund besonders schätze, mit ihm mache sie das alles. Wir aber hätten es gerne ganz einfach, möchten nur küssen, ohne Zutaten und Stiche.
Donnerstag, 12. September 2013
Aegypten, Kairo, wir sind auf dem Rückweg von
einer Ferienreise und verbringen einige Stunden in dieser riesigen,
unübersichtlichen, chaotischen Megacity. Wir verlaufen uns mehrfach und erleben
allerlei Abenteuer in Gebäuden und Strassen, müssen mit einem komplizierten Lift
fahren, haben am Ende keine Ahnung, wie wir zum Hotel zurückkehren können, das
in einer Vorstadt liegt und nur mit Bus und Metro zu erreichen ist. Der Traum
ist lang, uns bleibt nur eine Episode in Erinnerung. Auf einem grossen Platz
beobachten einige reiche Touristinnen aus der Schweiz in Liegestühlen sitzend
das Treiben. Ich stehe vor ihnen, sie sehen die schöne Decke, die ich gekauft
habe und mit mir herumtrage. Sie wollen sie sehen, ich entfalte sie, sie ist
wirklich sehr schön, und eine der Damen will sie nun unbedingt kaufen. Sie
öffnet ihre Tasche und zieht vier Hunderternoten heraus, hält sie in die Luft
und ruft: Wieviel verlangen Sie für diese Decke? Eine meiner Begleiterinnen
flüstert, ich sollte doch vierhundert Franken verlangen. Sie ist allerdings
eine extrem geizige, geldversessene Person, die mir deswegen nie sympathisch
war. Zweihundert, sage ich, was noch immer viel zu viel ist, bezahlt habe ich
nämlich acht Franken. Neben mir wird weiter gezischt, ich solle doch mehr
verlangen. Ich korrigiere mich daher und sage zweihundertzwanzig. Die Dame will
das gerne bezahlen, hat aber nicht genug Kleingeld. Sie bringt nur, mit Hilfe
von Freundinnen, 215 Franken zusammen. Das ist gut so, sage ich, nehme das
Geld und mache somit ein Riesengeschäft. Die Decke war gewiss recht schön, aber
für diesen Preis gab ich sie gerne her. Die Sache hat nur einen kleinen Haken.
Meine Gattin hatte die Decke bereits verändert, sie hatte sie mit einiger Mühe
mit einem billigen Tuch verstärkt und sie somit noch verschönert und
interessanter gemacht. Jetzt ist nicht ganz sicher, was geschieht, wenn sie
erfährt, dass ich die Decke verkauft habe. Es könnte sein, dass sie sehr böse
wird, es könnte aber auch sein, dass sie lacht und froh ist, dass die Decke weg
ist. Wir machen uns nun auf den beschwerlichen und langen Heimweg zum Hotel, es
ist nicht so recht zu sehen, wie wir dorthin gelangen können. Während der
Diskussion mit den Damen lag übrigens meine Tasche mit allen Dokumenten und
Karten meterweit von mir entfernt längere Zeit auf der Strasse. Also ich
erschrocken feststellte, dass sie fehlte und mich umsah, befand sie sich
wunderbarerweise noch unversehrt und unberührt an ihrem Platz.
Freitag, 6. September 2013
Wir sind in einem uralten
Flugzeug, fliegen über Hügelzügen und Bergen. Wir sind als gewöhnlicher
Passagier allein im Cockpit, der Pilot ist hinten im Flugzeug beschäftigt. Wir müssen
das Steuer ergreifen, um eine Kollision zu vermeiden, das geht ganz leicht, das
Flugzeug lässt sich problemlos steuern und gewinnt an Höhe. Der Pilot ruft von
hinten, gibt uns weitere Anweisungen und beruhigt uns.
Mittwoch, 4. September 2013
Es hat einen Todesfall gegeben, eine sehr
geschätzte Persönlichkeit ist gestorben, unsere Dienststelle sollte eine
Kondolenzkarte schreiben. Die Angelegenheit verzögert sich allerdings und wird
für uns schon bald peinlich werden, denn es sind seit dem Todesfall schon drei
Wochen vergangen. Ich sollte den Text verfassen, und möglichst alle
Mitarbeitenden sollten unterschreiben. Ein Kollege will mir helfen und legt mir
ein Beispiel eines schönen Kondolenzschreibens auf den Tisch, eine Karte, die
vor vielen Jahren ein hochgebildetes, von mir sehr geschätztes und inzwischen
verstorbenes Mitglied der Kammer geschrieben hatte. Die Karte enthält
auf zwei Seiten tröstliche Worte aus der Bibel. Es zeigt sich aber in den
letzten Worten des Schreibens, dass der Ratsherr die Karte gar nicht
geschrieben hatte, um dem Adressaten sein Beileid auszudrücken, sondern um schöne Zitate zu sammeln, die ihm für eine Rede bei
der Abdankungsfeier nützlich sein konnten.
Donnerstag, 29. August 2013
Wir sind Klosterbruder und stehen am Portal eines
grossen Klosters, zusammen mit zwei Mitbrüdern. Das Kloster ist geschlossen.
Ein aufgeregtes Männlein erscheint, mit zwei Begleitern, und möchte das Kloster
besuchen. Wir erklären, dass dies nicht möglich sei. Sie bestürmen uns aber und
möchten wenigstens die berühmte Klosterkirche sehen. Wir sind gutmütig und
führen sie hinein, allerdings, wie wir erklären, nur für fünf Minuten. Wir
gehen mit den Gästen durch lange hohe Gänge in die riesige barocke Kirche, in
der sich grüne Säulen winden. Der Prunk entsetzt sie. In der Kirche findet, auf
Einladung des Papstes, eine Konferenz zur ökumenischen Zusammenarbeit statt,
allerdings nur unter geladenen Gästen. Es stellt sich heraus, dass unser
Männlein auch Vertreter einer Kirche ist, einer obskuren protestantischen
Sekte, und an der Konferenz teilnehmen möchte. Wir erklären ihm sehr bestimmt,
dass er jetzt wieder hinausgehen müsse, es seien hier nur geladene Gäste
zugelassen. Er müsse sich an das Sekretariat der Konferenz wenden, wenn er
Fragen habe. Der Besucher ist aber sehr unruhig, er stellt sogar noch
Foderungen und verlangt, dass an der Konferenz das Gebet Ein Glaube für alle gesprochen werde. Wir können ihm keinerlei
Zusagen machen, sagen, dass wir uns nur zufällig beim Portal aufgehalten hätten
und er jetzt wirklich wieder hinaus müsse. Es scheint, als würde er Vernunft
annehmen und als würden wir ihn wieder los.
Donnerstag, 22. August 2013
In unserem Dorf, einem wohlhabenden Vorort der
Stadt, begegnen wir einer schönen, stattlichen Frau. Sie ist blond, ihr Gesicht
hat kräftige, markante Züge, ganz so, wie wir es lieben. Wir kennen sie nicht,
sie aber kennt uns, spricht uns an, sagt, sie habe gehört wir würden Massagen
durchführen. Das stimmt natürlich nicht, wir haben keine Ahnung von Massagen.
Möglicherweise ist ihr aber zu Ohren gekommen, dass wir uns, entsprechend
unserer Sozialisation, verschiedentlich sehr frei zu sexuellen Fragen geäussert
haben. Wir erklären nun aber, da sie offensichtlich an diesem Thema und
vielleicht auch an uns interessiert ist, dass wir Massagen machen würden. Sie
ist erfreut und begleitet uns auf unseren Wegen, hängt uns sogar ein und lehnt
sich an uns. Wir spüren ihren grossen kräftigen Busen. Sie ist sehr lebhaft,
unterhält sich lachend und girrend mit uns, zeigt aber doch eine gewisse
Zurückhaltung. Ob sie bei den Massagen eingepackt sein werde, fragt sie. Nein,
das gehe nicht, sie werde ganz nackt sein. Das akzeptiert sie ohne weiteres und
schwatzt weiterhin sehr angeregt mit uns. Ich küsse sie, was sie nicht zu
stören scheint, und führe sie auf einem kleinen, von Hecken eingezäunten Weg
zum Dorfrand, wo uns niemand sehen kann. Wir fragen sie, wer sie sei. Sicher
jemand sehr reicher, fügen wir hinzu. Kennen Sie mich denn nicht, lacht sie,
sie sei doch die Frau des Unternehmers und Millionärs Hirsbrunner! Ihr Mann sei
immer in Geschäften unterwegs, sie aber habe viel freie Zeit, die sie gerne mit
klugen Menschen verbringen würde. Wir versuchen es jetzt mit einem Zungenkuss,
den sie aber nicht zulässt. Aber was nicht ist, kann sicher noch werden, könnte
aus ihrem Lachen geschlossen werden. Wir kommen zu einer Kiesgrube, in welcher
in Höhlen und Zelten allerlei komische Kerle wohnen, die grinsen und unflätige
Bemerkungen, als sie uns bemerken. Die Lage ist ungemütlich, wir gehen schnell
weiter.
Donnerstag, 8. August 2013
Samstag, 3. August 2013
Dienstag, 23. Juli 2013
Familienzusammenkunft, irgendeine kleine Feier, ein Geburtstag einer alten Tante. Es ist jener Familienzweig, der immer besonders kleinbürgerlich und ausserordentlich brav und ordnungsliebend und sparsam gewesen ist. Alte Menschen erscheinen, stumm und verbissen, sie kommen ungern, Schlechtes erwartend. Sie haben sich seit langem nicht mehr gesehen und stehen nun im vorderen Teil der Wohnung herum, wo es auch einen Balkon gibt. Ich befinde mich im Eingangsbereich, wo auch ungeladene Gäste eindringen, allerlei dubiose Figuren, Rote, Schwarze, Mitglieder von Gangs, welche die Siedlung kontrollieren. Es kommt zu Streit und Geschrei, ein Kerl wird zu Boden geworfen und geschlagen. Die eingeladenen Verwandten sind gewiss absolut entsetzt, regen sich aber nicht. Ein riesiger Schwarzer steht laut schreiend mitten in der Wohung, ganz nackt, mit einem grossen langen Schwanz. Man sollte natürlich die Polizei holen, aber aus Angst vor Repressalien wage ich das nicht. Ich sage aber zu einem Kind, es solle zu den Nachbarn gehen, und ihnen sagen, sie sollten die Polizei rufen. Schliesslich erscheint ein Polizist, ein einziger genügt, und der ganze Spuk verschwindet ohne grosse Proteste, aber wütend und mit drohenden Blicken.
Erstaunlicherweise
folgt ein zweiter Traum, nach dem Toilettenbesuch gibt’s eine Fortsetzung der
Geschichte.
Das Gesindel hat uns natürlich nicht vergessen. Die Gang will sich rächen für das Herbeiholen der Polizei und die damit verbundene Demütigung. Wir sehen zu spät, dass wir die Wohnungstür nicht abgeschlossen hatten. Jetzt sind alle wieder in der Wohnung. Sie haben ein Fenster geöffnet und alle Bettsachen so hingestellt, dass wir bequem zum Fenstersims gelangen können. Man bedeutet uns wortlos, dass wir zum Fenster gehen und hinausspringen könnten, wenn wir nur wollten. Es muss für alle klar sein, dass es sich um einen Selbstmord handelt.
Das Gesindel hat uns natürlich nicht vergessen. Die Gang will sich rächen für das Herbeiholen der Polizei und die damit verbundene Demütigung. Wir sehen zu spät, dass wir die Wohnungstür nicht abgeschlossen hatten. Jetzt sind alle wieder in der Wohnung. Sie haben ein Fenster geöffnet und alle Bettsachen so hingestellt, dass wir bequem zum Fenstersims gelangen können. Man bedeutet uns wortlos, dass wir zum Fenster gehen und hinausspringen könnten, wenn wir nur wollten. Es muss für alle klar sein, dass es sich um einen Selbstmord handelt.
Donnerstag, 11. Juli 2013
Wir schlafen in der
fremden Wohnung, die wir hüten, und hören in der Nacht Schritte, sehen auch, im
Spalt unter der Türe unseres Zimmers, dass Licht brennt. Wir öffnen die Türe,
treten in den Gang, rufen energisch, es erscheint ein Herr, ein komischer
Vogel, halbwegs gepflegte Erscheinung, mit Anzug, Hemd, Foulard, ein Strizzi,
denken wir. Der Strizzi tut so, wie wenn er sich mit Recht hier aufhalten
müsste und in der Wohnung zu tun hätte, er tut geheimnisvoll und will uns etwas
verkaufen. Wir aber werfen ihm vor, dass er lüge und sich nur herausreden
wolle, er sei doch ein Einbrecher. Er ist sehr gesprächig und gewandt, schwatzt
und schwatzt und lässt sich gar nicht mehr aus der Wohnung vertreiben.
Dienstag, 9. Juli 2013
Wir sind neuestens
Hüter oder Besitzer eines Löwen, haben aber noch wenig Erfahrung im Umgang mit
dem mächtigen Tier, das sich frei in unserem Haus und Garten bewegen kann. Die
Fütterung bildet ein Problem, weil wir keine geeignete Nahrung haben. Wir
streuen dem Tier ein feines rötliches Pulver auf eine Steinplatte, ein Präparat
für Grosstiere, das ihm vielleicht irgendwie den Hunger stillen kann. Der Löwe
leckt alles auf, während wir in Wandschränken und Kommoden weitere Nahrung
suchen. Er folgt uns, stösst die Türen auf und nähert sich uns. Kontaktgeld,
sagt er schliesslich. Kontaktgeld willst du auch noch, erwidern wir. Nein, du!
Du musst Kontaktgeld verlangen, sagt er. Was das ist und wo wir dieses Geld
verlangen können, ist uns nicht klar, wir sind aber einigermassen beruhigt,
dass wir mit dem Löwen vernünftig reden können und er keine bösen Absichten zu
haben scheint.
Donnerstag, 4. Juli 2013
Die Sozialdemokraten
haben eine Tagung organisiert, über Datenschutz, die demnächst stattfinden
soll. Uns ist das sehr lästig, denn wir figurieren auf der Rednerliste und
sollten einen Beitrag verfassen, haben aber keine Ahnung, um was es geht und
haben auch die Einladung verlegt. Jetzt wenden wir uns an die Genossin, die
diese Veranstaltung organisert hat, und fragen, ob sie überhaupt stattfinde und
was wir denn genau sagen sollten. Die Genossin ist wie immer in Eile, sie
springt davon und sagt, wir wüssten doch sicher schon, was zu sagen sei. Im
übrigen finde die Tagung statt, wir hätten ja alle Unterlagen. Wir haben keine
Zeit mehr, zu sagen, dass wir die Unterlagen verloren haben. Später treffen wir
noch Bundesrat Moritz Leuenberger, welcher auch als Redner vorgesehen ist. Wir
bitten ihn um Rat, er aber lächelt rätselhaft und meint, das sei doch sicher
kein Problem für uns, an diesem Seminar etwas zu sagen.
Sonntag, 30. Juni 2013
Wir
werden am Morgen um sieben Uhr aus einem militärischen Kurs entlassen und wollen
nach Hause fahren. Es kommt aber immer wieder zu Zwischenfällen und
Verspätungen. Erst am Nachmittag erreichen wir unser Dorf. Wir sind in Zivil,
kommen mit dem Velo und führen das wenige Gepäck mit uns, in einer blauen
Adidas-Tasche und einem roten Sportsack. Am Dorfeingang überrascht uns ein
starker Regen. Wir fahren unter einen Baum und ziehen uns eine Regenjacke an.
Es regnet aber so stark, dass wir Zuflucht nehmen müssen in einer riesigen
Scheune, die der Gemeinde gehört und auch als Werkhof dient. Auch andere
Einwohner haben sich hier versammelt, man begrüsst uns, kennt uns. In Boxen
liegen Zeichnungen von Schülern auf, sie werden verkauft, zugunsten irgendeines
guten Zweckes. Die besten Zeichnungen sind natürlich schon weg. Es gibt in
diesem Dorf sehr kluge Einwohner, die früh gekommen sind und die wertvollen
Zeichnungen sofort gekauft haben. Einige junge Männer stehen herum, gute
Kollegen, die in die Ferien fahren wollen. Einer sagt, er würde schon lange
gerne einmal die Alhambra besuchen. Mit Schrecken stellen wir fest, dass auch
ein Plan mit Strassensperrungen aufgehängt ist. Einige Strassen, die wir noch
benützen müssen, sind wegen Bauarbeiten gesperrt. Wir klagen laut darüber, ein
Wegmeister von der Gemeindeverwaltung erklärt uns aber trocken, dass ja die
Brunnackerstrasse offen sei, und wir müssten ja nur diese Strasse benützen, um
nach Hause zu gelangen. So kann es wirklich nur noch fünf Minuten dauern, bis
wir zuhause ankommen. Als der Regen aufhört, wollen wir losfahren, stellen aber
zu unserem grossen Ärger fest, dass unser Gepäck verschwunden ist. Jemand hat
es, zusammen mit anderen Taschen, über eine Brüstung in einen Bereich der Halle
geworfen, in welchem allerlei Abfälle, unter anderem in grossen Ballen
verpacktes Grünzeugs aufbewahrt werden. Wir sehen die Adidas-Tasche auf dieser
Halde liegen. An ihrem Fuss, wohl fünfzig Meter tiefer, stehen einige Leute.
Wer hat diese Dummheit gemacht, wer war das? Es ist unerklärlich, dass es
niemand gesehen hat, oder dass es niemand gesehen haben will. Jetzt müssen wir,
zusammen mit anderen, die Taschen holen, was sehr mühsam und auch gefährlich
ist. Die Adidas-Tasche bekommen wir wieder, es scheint, dass nichts gestohlen
worden ist. Die zerknüllten Hosen sind noch drin, und in den Hosen auch das
dicke Portemonnaie mit Geld und Kreditkarten. Aber der gute und geliebte
Sportsack ist nicht mehr zu finden, er ist wohl in einen der vielen tiefen
Spalten gefallen. Viel war dort nicht drin, nur ein Handtuch und Unterwäsche.
Man steht jetzt in Gruppen herum und bespricht den Fall, den man offensichtlich
als nicht besonders gravierend einstuft. Unsere Aufregung und unseren Zorn
versteht man jedenfalls nicht. Gewiss waren es Jugendliche, und den
Jugendlichen muss man doch gewisse Freiräume zugestehen. Wir denken, dass es in
dieser Gemeinde einige Psychopathen haben muss, sagen dies aber
selbstverständlich nicht. Jetzt ist es schon später Nachmittag, wir sind
verzweifelt und belustigt zugleich. Seit sieben Uhr versuchen wir nun nach
Hause zu kommen, rufen wir aus, und sind noch immer nicht dort.
Montag, 24. Juni 2013
Später
spazieren wir draussen, im Berner Oberland, wieder bei Patriziern. Der alte
Stammherr ist exzentrisch und verrückt, er trippelt auf der Landstrasse und hat
wieder für Aufregung gesorgt, weil er eine Bäuerin arg beschimpft hat. Der
Enkel, ein junger Mann mit starren bleichen Gesicht, ist auch schon verrückt,
er sitzt den ganzen Tag teilnahmslos da und sieht dem Verkehr zu. Eine vierspurige
Strasse führt an seinem Fenster vorbei, es ist die L***strasse, an der wir in
den sechziger Jahren gewohnt haben, eine kleine Nebenstrasse, auf welcher alle
zehn Minuten ein Auto vorbeifuhr. Jetzt herrscht ein Riesenverkehr, man weiss
gar nicht, woher die vielen Autos kommen. Wir verabschieden uns und gehen
weiter und kommen an einem grossen Schwimmbad vorbei, wo man Puppen ins Wasser
geworfen hat, eine ganze Gesellschaft, und etwas filmt.
Dienstag, 11. Juni 2013
Und wieder bin ich im Militär, wie immer viel
Leerlauf. Ich bin schön versteckt und mit eigenen Arbeiten beschäftigt. Man
entdeckt mich aber, und ein entrüsteter, energischer Unteroffizier zitiert mich
ins Kompaniebüro. Dort sitzen aber auch Soldaten herum und haben nichts zu tun.
Dem Unteroffizier aber fällt eine Arbeit für mich ein, ich soll eine Schafstatistik
machen. Wie bitte? Was soll das, welchen Sinn ergibt das? Er zeigt aus dem
Fenster auf die weiten Weiden, auf welchen sich viele Schafe befinden, und
sagt, es müsse für jedes Schaf ein Blatt erstellt werden mit allen Angaben, die
zu finden seien. Ich überlege, ob ich jetzt auch jedem Schaf einen Namen geben
muss. Der Name Carla fällt mir ein.
Montag, 10. Juni 2013
Und später sind wir auf Reisen, im Auto, auf unendlich langen amerikanischen Strassen, mit zwei Halbwüchsigen, einem Mädchen und einem Knaben, die unsere Geschwister sein könnten. Wir haben kein Geld, müssen sehen, wie wir durchkommen, suchen jeden Abend von Neuem Unterschlupf, einmal bei einem alten Herrn, der sich aber als sehr bösartig und gewalttätig erweist. Es gelingt uns, ihn mit vereinten Kräften zu Boden zu schlagen, er wird bewusstlos, erholt sich aber wieder und beginnt, liegend, das bleiche kalte Beinchen des Mädchens zu reiben. Das Bein wird schön rot und warm, die Stimmung besser, der weisshaarige Wüterich freundlicher, wir stellen uns vor, erklären, dass wir auf Reisen sind, vorübergehend in misslichen Umständen, im übrigen aber durchaus respektable Leute von bester Herkunft und grosser Zukunft, der Alte nimmt uns nun auf, und kein Wölklein trübt mehr die gute Stimmung.
Samstag, 8. Juni 2013
Wir kommen auf einem unserer Spaziergänge in einem dubiosen Niemandsland zu einem Fussballstadion. Dort ist gerade ein Cupfinal im Gang, die Kasse ist aber noch offen. Man bedeutet uns, dass es noch Billette gebe. Wir wollen aber nicht hinein, die Sache ist uns zu zweifelhaft, die Leute, die herumstehen, zu verdächtig, es riecht nach Unruhen und Gewalt, wir kehren lieber um, wollen zurück in freundlichere Gefilde. Es ist nicht weit dahin, aber unübersichtlich, es geht durch dunkle schmale Durchgänge. Zwei Jugendliche verfolgen uns, sie unterhalten sich laut in einer unangenehmen Gaunersprache. Gefährlich können sie uns wohl nicht werden, sie sind klein und schwach, sehen sehr krank aus. Wir kommen am Ende in unser gewohntes Quartier.
Dienstag, 4. Juni 2013
Die
FDP führt, zu Werbezwecken und um sich modern zu zeigen, äusserst
aufgeschlossen, einen Vampirball durch. Es erscheinen viele Leute, die üblichen
hohen Persönlichkeiten und Würdenträger, ein Teil von ihnen auch im verlangten
Vampirkostüm, man hätte es kaufen können, eine Gesichtsmaske und als Kleidung
rote und schwarze Fetzen. Der Anlass ist sehr zeitgemäss, hypermodern, es geht
um eine Mode, die in den USA erst in den Anfängen steckt und die nun erstmals
in Europa stattfindet. Jemand sagt, er habe dies schon in den USA mitgemacht,
es sei sehr interessant und wirksam, es sei unglaublich, was sich an einem
solchen Vampirball alles abspielen könne. Wir erfahren, dass bald einmal das
Licht gelöscht werden soll, und es sollten sich dann alle fest umschlingen und
ineinander verkrallen, ein einziger grosser Haufe sollte das dann werden, in
welchem alles erlaubt sei und auch alles geschehen dürfe und solle, weil damit
grosse Kraft für die Zukunft gewonnen werden könne. Die jungen Leute in der
Parteizentrale haben das so organisiert. Nun stehen aber alle entgeistert
herum, man schüttelt den Kopf und geht wieder hinaus, will nicht die Dunkelheit
abwarten, auch wir bewegen uns vorsorglicherweise in Richtung Türe, können aber
nicht verhindern, dass wir noch eine Frisur verpasst erhalten, man streicht uns
Gel ins Haar, die Haare stehen nun zu Berge, wir sehen allerdings verflucht gut
aus, wie ein junger Punker. Wir kommen dann an einer Wandzeitung vorbei, auf
grossen weissen Blättern dürfen oder müssen die Teilnehmenden ihre erotischen
Phantasien aufzeichnen, alles ist voll von dummen und unanständigen
Kritzeleien, manche Leute besehen sich das entrüstet. Wir gehen weiter, kommen
zu einer riesigen Halle, eine Art Reithalle, in der viele junge Frauen tanzen,
einzeln drehen sie sich um sich selber, führen wie klassische Tänzerinnen
Figuren aus, ein Teil von ihnen ist ganz nackt, diese Veranstaltung scheint
immerhin zu gelingen, es sind alle sehr konzentriert bei ihrer Arbeit, wir
sehen zu, wissen aber nicht, was das zu bedeuten hat, welchem Zweck diese Aktivitäten
dienen. Wir gelangen sodann in einen Nebenraum, in einen anderen Gebäudeteil,
dort arbeitet ein Angestellter des Verteidigungsministeriums, er ist eigentlich
ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter und sollte sich mit strategischen oder
sicherheitspolitischen Fragen befassen, hat aber sonderbarerweise viel
Zeltmaterial erhalten, das gar nicht hieher hätte geliefert werden sollen, sein
Büro ist nun voller mächtiger Pakete, die mit schweren Ketten verpackt und
gesichert sind, er ist aufgebracht und erklärt uns, dass diese Unordnung auch
auf die FDP zurückzuführen sei, was wir hier sehen würden, sagt er, sei die
Abschaffung des letzten Restes von geordneter Arbeit durch die FDP.
Samstag, 1. Juni 2013
Danach
sind wir in Kopenhagen, in einer dienstlichen, aber auch militärischen Funktion.
Wir warten in leeren Strassen, erkundigen uns bei dubiosem Gesindel, ob es denn
ein Vergnügungsviertel gebe. Ja, das gebe es, man habe einen ganzen Stadtteil
isoliert und zur Vergnügungszone erklärt, es sei dies der Kreis acht. Dann
fahren wir Strassenbahn, kehren zurück zu unserer Basis, haben die Mütze
verloren, was sehr ernste Konsequenzen haben kann, finden aber zum Glück auf
der Strasse eine neue Mütze, die ein anderer verloren hat. Im Kasernenareal
wird ein Todesurteil verkündigt. Gewiss ein Unschuldiger, denken wir. Es werden
hier beim geringsten Anlass zur Abschreckung Todesurteile gefällt. Der
Verurteilte wird sofort zur Hinrichtung geführt, er darf sich aber noch
verteidigen und, wenn er kann, andere mit in den Tod reissen, man gibt ihm
einen grossen brennenden Pfahl, mit dem er um sich schlagen darf, er verfolgt
auch uns und versucht, uns mit der glühenden Spitze zu verbrennen, das gelingt
ihm beinahe, nur mit Mühe können wir auf ein Mäuerchen springen und uns retten.
Den Befehlshabern wäre es wohl recht gewesen, wenn einige weitere
unzuverlässige und unbrauchbare Gesellen eliminiert worden wären.
Samstag, 25. Mai 2013
Wir
sind zum Tode verurteilt und sollten uns beim Gefängnis melden, zur Hinrichtung
in der Gaskammer. Wir sind so gehorsam und pflichtbewusst, dass wir zu diesem
Termin erscheinen. Wir haben allerdings noch eine kleine Hoffnung. Es könnte ja
sein, dass es noch irgendein Versehen gegeben hat und man uns gar nicht
erwartet und auch nicht kennt. Wir melden uns bei der Empfangsdame und sagen,
dass es sich in unserem Fall möglicherweise um eine Hinrichtung handelt. Die
Dame blättert in ihren Akten, findet nichts, wird aber sehr hellhörig und will
uns nicht mehr gehen lassen. Sie bittet uns, uns einstweilen hinzulegen und zu
warten. Sie werde den Fall abklären. Wir sind nun doch plötzlich nervös und
unglücklich und suchen nach einem Ausweg. Wenn wir nochmals hinaus könnten,
würden wir verschwinden und untertauchen, mindestens noch so lange das Geld
reichen würde. Nachher wäre es uns zu unbequem, nachher würden wir uns gerne
hinrichten lassen. Die Gattin hat uns begleitet und könnte ja sofort noch den
höchstmöglichen Betrag beim nächsten Kontomat abgeben. Jetzt schöpft die
Empfangsdame Verdacht, sie drückt mich nieder, währenddem sie wegen meinem Fall
herumtelefoniert. Wir wollen zu einer List greifen und beschliessen, dass wir
der Dame sagen wollen, dass wir noch schnell etwas auf die Post bringen
sollten. Die Gattin hat nämlich den unteren Teil eines Bürostuhles bei sich,
einen runden Fuss und ein Bein, dieses unförmige schwere Ding sollte, so wollen
wir der Dame erklären, unbedingt noch auf die Post, und ich sollte meiner
Gattin beim Tragen helfen. Erwacht, denken wir noch lange nach und entwerfen
Pläne, wo wir mit wieviel Geld wie lange einigermassen gut leben könnten.
Samstag, 18. Mai 2013
Wir befinden uns in einer riesigen Halle. Oben,
in grosser Höhe, gewiss fünfzig Meter über uns, findet eine Art Holzschlag
statt. Es gibt dort oben im Gebälk Baumstämme, die entfernt werden müssen. Man
schlägt sie wie Bäume, und sie fallen dann hinunter auf den Hallenboden. Das
ist recht gefährlich, da wir uns dort aufhalten, zusammen mit weiteren Leuten.
Ein schwerer langer Baumstamm schlägt nur wenige Meter von uns entfernt auf dem
Boden auf. Wir protestieren gegen diese Arbeiten und rufen, dass das alles sehr
gefährlich sei. Eine Frau, die die Arbeiten beaufsichtigt, lacht uns aber aus.
Wir geben aber nicht auf, sondern sagen, dass sie doch bitte Frau Z., die für
das Haus zuständig ist, und auch den Sicherheitsdienst fragen solle. Eine
Anfrage an Frau Z., das wissen wir, wird nicht viel bringen. Die Frau Z. ist
bekannt dafür, dass sie sich nie Sorgen macht und immer alles laufen lässt. Der
Sicherheitsdienst hingegen, das wissen wir, ist stets äusserst besorgt und wird
diesen Unfug sofort stoppen. Wenn der Sicherheitsdienst das ok gebe, sagen wir,
dann könnten sie weiterfahren.
Samstag, 11. Mai 2013
Wir nehmen an einem Empfang teil, irgendwo in Europa. Schröder
sagt uns, er halte diese Amerikaner nicht mehr aus und werde nun diesen
Vizepräsidenten Cheney schlagen. Er nähert sich ihm von hinten und versetzt ihm
einen Schlag. Das ist natürlich eine furchtbare Beleidigung, die sehr ernste
Konsequenzen haben wird, das spüren wir sofort. Wir müssen uns schnellstens
entfernen und steigen mit Schröder in bereitstehende Helikopter, es sind zu
unserem Glück sechs Stück, die wegfliegen. Wir steigen ein und sind
erleichtert, denn die Amerikaner wissen nun nicht, in welchem Helikopter wir
sitzen, da werden sie doch wohl zögern, uns abzuschiessen. Es beginnt ein
vorsichtiger, gefährlicher Tiefflug, vorbei an Hochspannungsleitungen und
Transportanlagen, irgendwie geht es aber, wir kommen weg.
Freitag, 10. Mai 2013
Kantonsschule. Wir haben im Fach Deutsch
einen schlechten Notendurchschnitt, den wir unbedingt aufbessern sollten. Es
gibt eine Vorleseprüfung, und wir werden aufgefordert, vorzulesen. Das freut
und erleichtert uns, denn Vorlesen können wir ja, Vorlesen ist doch kein
Problem für uns, die wir so viel gelesen haben. Aber schon im Titel stocken wir
und müssen drei Mal neu anfangen, bis der Titel wirklich richtig gelesen worden
ist, es ist ja auch ein schwieriger Titel, es gibt darin eine Klammer, die man
kaum versteht. Dann wird es aber noch schlimmer, wir verstehen die Sätze nicht,
die wir vorlesen sollten, der Satzbau ist sehr schwierig, es fehlen Kommas, und
der Text enthält rätselhafte Zeichen, es sind keine Buchstaben, sondern
Hieroglyphen, Symbole, Vögel, Pavianköpfe, Käfer. Wir verstehen am Ende rein
gar nichts mehr und bringen kein Wort mehr hervor. Der Deutschlehrer kündigt uns
eine sehr schlechte Note an.
Sonntag, 5. Mai 2013
Wir träumen von
unserer Fussohle. Die leichten Schmerzen, die wir jetzt, nach längeren
Spaziergängen, verspüren, sind nicht auf den Spreizfuss oder Senkfuss
zurückzuführen, der sich bisher immer nach stärkeren Belastungen bemerkbar
gemacht hat, sondern auf einen Bruch. In unserer Fussohle zeigt sich eine
kleine Erhebung, ein Knöchelchen steht vor, man kann es wieder hineindrücken,
es bleibt dann aber nur für kurze Zeit in der Lage, in der es sich befinden
sollte, und springt bald wieder heraus. Es muss also etwas gebrochen sein.
Mittwoch, 1. Mai 2013
In der Oper, die wir zur Aufführung bringen,
begegnet der Held einem vorüberziehenden Volk, bei welchem er unter bewegenden
Umständen seine grosse Liebe findet. Es erscheint aber zunächst unvorhergesehen
ein anderes Volk, nicht das richtige, was man daran merkt, dass bei seinen
Gesängen die Wortstellung semitisch ist.
Mittwoch, 17. April 2013
Wir sind, seltsamerweise,
eingeladen bei Benedikt von Tscharner von Aeltschts, einem ganz besonders
vornehmen Adeligen. Er grüsst die Eintretenden nicht, sondern steht wie eine
Bildsäule da, die Stirn hoch erhoben, vor einem Porträt, das ihn noch viel vornehmer
und erhabener zeigt. Neben dem Porträt sieht er sogar ziemlich bescheiden aus.
Er sollte nicht direkt vor das Porträt stehen, denken wir, denn so fordert er
ja den direkten Vergleich heraus, und dieser Vergleich fällt zu seinen
Ungunsten aus. Als alle versammelt sind und an den Wänden des Saals Aufstellung
genommen haben, löst er sich aus seiner Erstarrung und reicht nun jedem die
Hand, auch der pensionierte Staatssekretär Blankenburgh ist da. Wir stehen am
Ende der Reihe und machen dort die Bekanntschaft von zwei jungen Herren, die
uns einen ziemlich einfachen und dümmlichen Eindruck machen und gar nicht zur
Gesellschaft zu gehören scheinen.
Dienstag, 2. April 2013
Wir
nehmen an einem Volkslauf teil, der über fünf Runden à je 5,4 Kilometer führt,
durch Wiesen und Wälder, aber auch durch einige grosse Gebäude. Es sind
Tausende am Start. Dieser wird um 16.40 Uhr erfolgen. Wir gehören zu den
älteren Teilnehmern und sind eigentlich so völlig untrainiert, dass wir gar
nicht an den Start gehen sollten. Für Läufer wie uns gibt aber es eine
Sonderlösung. Wir können beliebig früh starten, also zum Beispiel jetzt, um
15.20 Uhr. Wir machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und laufen los. Wir
hätten aber eine Startnummer beziehen sollen, ohne diese Startnummer ist der
Lauf natürlich nicht möglich, und das Resultat kann nicht registriert werden.
Wir rennen aber weiter und nehmen an, dass wir beim ersten Durchlauf durch das
Ziel, der vielleicht noch vor dem allgemeinen Start erfolgen könnte, noch eine
Startnummer lösen können. Beim Laufen treten unerwartete Hinderisse auf, bei
denen Zweifel aufkommen, ob das Rennen überhaupt korrekt durchgeführt werden
kann. Der Lauf führt nämlich auch durch Gebäude, eines davon ist vierstöckig,
wir müssen ganz hinauf und auf der Dachterrasse weiter. Dort allerdings führt
der Parcours durch eine kleine Toilette und dort hinaus durch ein winziges
Fenster. Es ist nicht zu sehen, wie hier alle Teilnehmer ohne stundenlange
Wartezeiten hindurchkommen können. Wir weisen darauf hin, und man verlegt nun
den Lauf, er führt jetzt durch eine schmale Türe auf die Terrasse, wo aber noch
einmal ein Durchgang erfolgt, durch eine Kabine oder eine Art Zollhäuschen.
Hier stauen sich bereits jetzt die Leute auch ohne Läufer, es hat nämlich
Besuchergruppen und viele andere Leute, die diesen Durchgang benützen. Wir
drängen uns vor, kommen tatsächlich durch den Engpass, zusammen mit einer sportlichen
jungen Arbeitskollegin, die vergnügt lacht und sagt, sie würde uns gerne
begleiten, auch wenn wir viel langsamer laufen würden als sie. Beim Passieren
der engsten Stelle berühren sich sogar unsere Wangen kurz im Gedränge. Wir
traben weiter, in gemächlichem Tempo. Was uns betrifft, so ist nicht so sehen,
wie wir die insgesamt fünf grossen Runden bewältigen können. Wir denken, dass
wir vielleicht schon beim ersten Zieldurchgang aufgeben und die Startnummer gar
nicht mehr beziehen.
Samstag, 30. März 2013
Ich
befinde auf einer hohen Autobahnbrücke, einer Terrasse für Fussgänger, die zu
einem Gebäudekomplex gehört, und bin daran, einen Terrorakt auszuführen. Ich
habe eine schwere Platte aus der Verankerung gelöst und will sie hinunter in
den dichten Verkehr stürzen lassen. Sie bleibt aber in den Drähten des
Eisenbetons hängen und schwebt und schwankt in der Luft. Es wird Alarm
ausgelöst, nach einigen Minuten erscheinen Soldaten in Kampfanzügen, die mich
abführen, in eines der grossen Gebäude. Es ist klar, dass mein Fall eine
Ungeheuerlichkeit darstellt, die schwere Konsequenzen haben wird. Ich werde
aber entsprechend unseren modernen Strafverfahren sehr human behandelt und
komme zunächst in ein Fitness-Center, wo ein Therapeut mit mir
Entspannungsübungen macht, ganz
einfache, chinesische Übungen, die mich beruhigen sollen. Dann erscheint ein
nervöser, ärgerlicher Staatsanwalt, der meinen Fall hat übernehmen müssen. Es
ist klar, dass es eine Staatsaffäre ist, die grosse Dimensionen annehmen wird.
Eigentlich ist alles noch glimpflich abgelaufen und niemand zu schaden
gekommen, und die Kosten für die Beseitigung der herausgelösten Platte werden
sich in Grenzen halten. Der eigentliche Skandal liegt aber darin, dass ein ganz
normaler, unscheinbarer, durchaus geschätzter Staatsbeamter in hoher Position
einen so schrecklichen und unbegreiflichen Anschlag hat begehen können. Man
wird hier Parallelen ziehen zu ähnlichen Fällen im Ausland, in den USA und in
Norwegen. Mein Fall findet auch sofort grosse Beachtung, ein hochrangiger
Parlamentarier erscheint, ein ehemaliger Ratspräsident, der sich zu mir setzt,
mich ansieht, aber nichts zu sagen weiss. Er rückt näher zu mir heran, ich
spüre plötzlich seine Zunge in meinem Mund und ziehe mich angewidert zurück.
Ich befinde mich in einem grossen, offenbar gut gesicherten Komplex von Räumen,
Sälen und Innenhöfen in welchem ich mich frei und unbegleitet bewegen kann. Alles
ist in einem orientalisierendem Stil gebaut, etwas billig und vulgär. Ich sehe
auch eine Art Kamel, ein sehr schönes weisses Tier, das von einem Herrn am
Zügel geführt wird und sich sehr elegant und federnd bewegt, so gleichmässig,
dass sich vielleicht um einen sehr raffinierten
Roboter handeln könnte. Es finden Versammlungen statt und Seminare von
hohen Kadern aus Wirtschaft und Staat. Ich will nicht auffallen und sitze
bescheiden in einer Ecke. Eine Gruppe wird von einem Trainer angeleitet, sie
macht Kniefälle und bewegt sich, unter immer neuen Kniefällen, auf uns zu.
Meine Lage ist unangenehm, bedrückend und äusserst peinlich. Wie soll es
weitergehen, wie wird man meine Tat bewerten? Welche geheimen Pläne verfolgte
er, als er diese Platte herauslöste, das wird die Hauptfrage sein, die man
abzuklären versuchen wird. Ich habe keinen Zugang zu den Medien, nehme aber an,
dass überall nur von mir gesprochen wird. Wird man mich zu einer
Freiheitsstrafe verurteilen? Wird man Therapien anordnen? Sicher werde ich
nicht mehr an meinen Arbeitsort zurückgekehren können. Aber ob man mir den Lohn
noch bezahlen wird? Und was wird mit meiner Rente geschehen, die ich ja bereits
in vier Monaten beziehen könnte? Warum habe ich nur diese Tat begangen, vier
Monate vor meiner Pensionierung? Ich kann es selber nicht erklären. Und jetzt
fällt ja auch noch eine wichtige Abmachung ins Wasser, ich hätte ja heute
Sachmet treffen sollen, Sachmet, die ich lange nicht mehr gesehen habe! Und ich
kann sie nicht einmal benachrichtigen. Immerhin fallen mir Worte für die Absage
ein, ich hätte ihr schreiben können, dass unser Rendez-vous aus aktuellem Anlass wegfällt. Und was
ist mit meiner Familie? Was werden meine armen Eltern denken, wie werden sie
sich schämen müssen, sie, die immer so stolz auch mich waren. Ich warte nun,
einigermassen gelassen, auf weitere Massnahmen. Es geschieht aber nichts. Hat
man mich etwa schon vergessen? Ist vielleicht alles gar nicht so schlimm?
Vielleicht gab es ja nur kurze Meldungen auf den hinteren Seiten der Zeitungen
oder überhaupt keine.
Donnerstag, 28. März 2013
Wir
befinden uns am Rande einer vielspurigen Ausfallstrasse einer riesigen Stadt.
Ich bin mit meinem kleinen Bruder unterwegs, mit einem Mietauto, wir haben auf
einem breiten Streifen Brachland angehalten, sollten aber eigentlich
schnellstens zu einem in der Nähe liegenden grossen Konferenzhotel fahren, um
dort unser Zimmer zu räumen und sodann zurückfahren zu unserer Familie, die
irgendwo am anderen Ende der Stadt auf den Abflug in die Heimat wartet. Wir
haben angehalten, um uns zu orientieren. Es ist schon Abend, und am
Strassenrand versammeln sich Huren. Sie ärgern sich masslos über uns, weisen
uns weg, und eine von ihnen sprayt jetzt sogar Reizgas in unser Auto. Ich halte
den Atem an und springe aus dem Auto, der Bruder allerdings wird verletzt und
schreit. Wir beide rennen der Strasse entlang weg, nicht in der Richtung, in
der das Hotel liegt, sondern in die andere Richtung, aus der die Autos
heranbrausen. Jetzt sollten wir aber keine Zeit mehr verlieren! Ich möchte so
schnell wie möglich zurück ins Hotel, um die Koffer zu holen und das Zimmer
abzugeben. Ich denke, dass ich dann im Hotel einen neuen Mietwagen übernehmen
könnte. Ich lasse den Bruder am Strassenrand zurück, bei einer kleinen Bar und
einem grossen Zaun, den ich mir leicht merken kann, wenn ich mit dem Auto
wieder vorbeikomme. Wie das allerdings gehen soll, ist nicht ganz klar, denn
die Autos hier fahren ja auf mehreren Spuren stadtauswärts, ich aber müsste in
die Stadt zurück, müsste also zweimal irgendwo wenden können, was gewiss nur
über einen grossen Kreisel oder Knotenpunkt möglich sein wird. Ich kehre also
zurück zum Auto und zum Hotel. Dort gibt es aber weiterhin Streit und Unruhe.
Ein aufgebrachter junger Mann versprüht jetzt ebenfalls Tränengas, aber mit
einem dicken Rohr, das Unmengen eines flüssigen Gases verspritzt. Er trifft
mich voll, ich werde total durchnässt, das Gas aber selber reizt mich nicht,
ich bleibe sonderbarerweise unverletzt. Ich komme zum Hotel und sehe, wie dort
auch der Täter erscheint. Er ist Hotelportier und zieht wieder seine Uniform
an. Ich aber erkenne ihn und rufe: Verhaftet ihn! Er wird tatsächlich von
Hotelangestellten gepackt und abgeführt. Damit sind aber meine Schwierigkeiten
noch längst nicht beseitigt. Ich besuche zunächst eine Toilette, die aber sehr
kompliziert ist, kaum zu verstehen. Sie ist eigentlich ein Duschraum, an der
Decke sind Duschen befestigt, aus denen Wasser tropft und spritzt, das die
Besucher durchnässt. Es stellt sich heraus, dass wir unser Gepäck eigentlich
auf zwei Zimmer verteilt haben, ein erstes Zimmer gefiel uns nämlich nicht, wir
haben es aufgegeben, aber dort noch Sachen zurückgelassen. Jetzt sollten wir
also in zwei Zimmer rennen, haben aber nur noch einen Zimmerschlüssel und die
Zimmernummer des ersten Zimmers vergessen. Auf dem Weg zum zweiten Zimmer
kommen wir durch einen riesigen Innenhof, in welchem die Teilnehmer eines Kongresses
durch viele Buffets und Küchen verpflegt werden. Man hält mich auf, bietet mir
Fleischstücke an und will, dass ich auch esse. Ich eile aber weiter, durch
Gänge und Stockwerke, finde aber das Zimmer nicht. Ich gelange in den alten
Teil des Hotels, der grosse schwere mehrteilige Türen aufweist, die sich nach
allen Richtungen automatisch und unkontrolliert öffnen und den Durchgang
gefährlich machen. Ein Hoteldiener rettet mich und führt mich sicher zur
Reception zurück. Die Lage ist hoffnungslos, es ist nicht zu sehen, wie ich in
zum Gepäck und zu einem Wagen komme. Das beste wäre, noch eine Nacht zu bleiben
und alles in aller Ruhe abzuklären. Aber wie soll das gehen, wenn mein kleiner
Bruder draussen am Strassenrand wartet. Wartet es überhaupt noch, oder ist er
wohl schon auf eigene Faust losgezogen. Wie kann er seine Eltern finden, in der
Riesenstadt, bei Nacht? Und sind die Eltern nicht inzwischen bereits
abgeflogen? Nichts geht mehr.
Samstag, 23. März 2013
Studienabschluss,
die Lizentiatsexamen haben begonnen, auch unsere Examen stehen unmittelbar
bevor. Überall wird verzweifelt gebüffelt. Man eilt durch die Gänge, wir sehen
beeindruckende Gestalten, junge Assistenten, Doktoranden mit grossen
interessanten Geistesköpfen. Wir allerdings sind in keiner Weise bereit. Wir
haben uns in den vergangenen vier Jahren wenig um das Studium gekümmert und in
den ersten zwei Jahren rein gar nichts gemacht. Wir haben die Bücher gelesen,
die uns interessierten und nun nicht die geringste Ahnung von den
Prüfungsstoffen. Und die Lizentiatsarbeit sollte ja auch noch fertig gestellt
werden. Dazu gibt es nur erste handschriftliche Notizen, viele Blätter, die man
bearbeiten und mit Schreibmaschine ins Reine schreiben müsste. Dazu wären
Wochen nötig. Es gibt keine andere Lösung, als die Prüfungen zu verschieben,
was aber kaum möglich sein dürfte, weil die Studiendauer auf vier Jahre
beschränkt ist. Wir hoffen, dass man bei uns eine Ausnahme macht, weil wir
nachweisen können, dass wir in den ersten zwei Jahren zu hundert Prozent
berufstätig gewesen sind und gar nicht studiert haben. Dass wir im vergangenen
Jahr so nebenbei rund tausend Seiten Literatur produziert haben, können wir
natürlich nicht sagen. Wir sehen aber jetzt mit einigem Schrecken, wie falsch
wir unsere Zeit genutzt haben. Mit einem kleinen Teil des Aufwandes, den wir
für unsere Obession betrieben haben, hätten wir doch problemlos eine
Lizentiatsarbeit schreiben können.
Freitag, 22. März 2013
Und
ein noch viel dümmerer Traum. – Wir arbeiten in einem grossen Büro, einem hohen
Saal. Man zieht wieder einmal um, Kabel liegen am Boden, Kisten, Möbel stehen
herum. Wir sehen ein dickes Kabel mit einem unförmigen Stecker, der aus unserer
Sicht herausgezogen werden kann. Dieser Anschluss wird nicht mehr benötigt und
verbraucht nur noch Energie, denn der Stecker ist warm. Also heraus damit. Wir
sehen aber jetzt, dass er doch noch zu etwas diente, denn es war der Anschluss
zu einem komischen altmodischen Stuhl, der dem Ministerium für
Landesverteidigung gehört und elektrisch verstellt werden kann. Dieser Stuhl
bewegt sich jetzt, wo der Strom abgestellt worden ist, noch einige Male
unkontrolliert, gewiss ist das ein ganz absurdes Möbelstück ohne jeden Sinn.
Dann aber erscheint der Chef des Informatikdienstes mit einem Mitarbeiter,
beide sind höchst aufgeregt und erzürnt. Wir haben einen zentralen Anschluss
für die Informatiksysteme herausgezogen, und diese Installationen sind nun
irreparabel beschädigt worden. Die beiden sind derart wütend, dass wir
befürchten, geschlagen zu werden. Sie erklären uns jetzt, dass dies eine
schwere Bestrafung absetzen würde. Wir bieten die Kündigung an, eine solche ist
wohl unvermeidlich. Man ist aber damit nicht zufrieden, sondern will uns auch
noch etwas quälen. Man legt uns auf die Tragfläche eines Gabelstaplers und
presst uns dort mit den Eisenträgern fest. Tötet mich nicht, rufen wir, passt
bitte auf. Man klemmt uns also fest und fährt uns hinaus in einen Wald. Was
wird man dort mit uns tun? Wir man uns vielleicht in einer
Abfallverwertungsanlage deponieren?
Mittwoch, 13. März 2013
Später wird im Parlament, es ist dies
ein neuer, modischer Trend, gesungen. Ein Redner hält keine Rede, sondern trägt
ein Lied vor, sich selber mit der Gitarre begleitend. Und gleich springen
andere auf den fahrenden Zug auf, sogar der stellvertretende Direktor will
mithalten. Er muss im Namen des Ratsbüros über einen kleinen Vorfall berichten.
In einer Hotelküche soll eine Angestellte von einem Ratsmitglied geküsst worden
sein, das Büro ist der Frage nachgegangen und unterbreitet jetzt einen Bericht,
den der hohe Beamte in Liedform vorträgt. Wer
hat geküsst, so heisst das Lied.
Samstag, 2. März 2013
Im Stadtzentrum, am Hauptbahnhof, wo wir als
Feuerwehrkommandant Dienst haben, bahnt sich eine Katastrophe an, ein Teil der
Häuser steht schon in Brand, und wir sehen nun, wie parkierte Lastwagen mit
ihren Anhängern in Bewegung geraten. Langsam rollen sie, beladen mit
gefährlichen Gütern, gegen eine Glasfront, Container lösen sich, Fässer rollen
in die Bahnhofanlagen, es wird demnächst weitere grosse Explosionen geben. Man
kann nichts mehr tun, nur wegrennen, nur sich in Sicherheit bringen, auch als
Feuerwehrkommandant muss man fliehen, wir machen uns also aus dem Staub und
rennen sicherheitshalber gleich ziemlich weit, in eine Vorortsgemeinde, von wo
aus wir der Gattin telefonieren wollen, die ja eben in diesem Zentrum noch
arbeitet und jetzt auch schleunigst weggehen sollte, da alles verbrennen wird,
auch unsere Büros, auch mein Büro, in welchem wir auch viele private Sachen
aufbewahrt haben. Wahrscheinlich gehen jetzt auch Teile unseres Werkes verloren,
einige Hefte mit Aufzeichnungen, aber das ist nicht weiter schlimm, denken wir,
denn unser Werk ist gross, und wenn ein Zehntel verloren geht, ist das noch kein
grosses Unglück. Wir wollen also telefonieren, kommen aber nicht dazu, denn es
beginnt auch hier eine Feuerwehrübung, an der wir teilnehmen sollten, von Amtes
wegen. Wir wollen aber nicht als Kommandant auftreten, das könnte man uns sehr
verübeln, wenn man von der Katastrophe in der Stadt hört, sondern als einfacher
Feuerwehrmann. Wir verstecken deshalb unseren Kommandostab, es ist dies ein
langer schwarzer Holzstab, der im Geräteraum eines dieser
Vororts-Einfamilienhäuser kaum Platz findet. Der Stab ist aber glücklicherweise
zusammenlegbar, wir können ihn also unterbringen und nehmen nun an der Übung
teil. Es ist eine schwierige Übung, es hat sich mitten im Dorf ein grosser
Graben aufgetan, eine felsige Schlucht, gewiss zwanzig Meter tief. Man hat hier
früher Abfälle deponiert, und jetzt tut sich alles auf, es stinkt furchtbar,
man wird das gründlich sanieren müssen. Übungshalber steigen die
Feuerwehrmänner auf den Grund der Schlucht, das ist sehr schwierig, die Wände
sind steil und glitschig, aber zwei Kameraden haben das problemlos geschafft. Wir
aber finden nicht den richtigen Weg, versteigen uns in der Wand, können nach
einem letzten Schritt nicht mehr vorwärts, aber auch nicht mehr zurück. Es ist
sehr gefährlich, wir müssen uns festhalten und mit grösster Vorsicht wieder
einen Tritt suchen, was uns am Ende gelingt. Wir machen aber auch hier einen jämmerlichen
Eindruck, wir erfüllen unsere Pflichten nicht, man kann uns nicht brauchen, wir
sind total unfähig.
Montag, 25. Februar 2013
Und
ein noch dümmerer Traum. Wir treten in einer grossen fremden Stadt aus einem
Gebäude, ich, die Gattin und die älteste der Töchter. Die Tochter entwischt uns
sofort, rast davon wie ein Tier, das in freier Wildbahn ausgesetzt wird. Wir
hätten besser aufpassen sollen! Es ist doch sehr gefährlich für sie, so
abzuhauen. Die Gattin rennt ihr sofort nach, in einen Stadtteil, der tiefer
liegt. Ich höre aus der Ferne ihre verzweifelten Rufe. Ich versuche ihr zu folgen
und gehe langsam die Strasse hinab. Eine junge Frau kommt mir entgegen,
verhüllt mit Mantel und Kopftuch. Sie steht still, ich auch. Bist du es, frage
ich. Sie enthüllt den Kopf. Ja, es ist unsere Tochter. Sie schweigt. Ich
schimpfe mit ihr, bin sehr böse, packe sie am Kragen und ziehe sie an den
Ohren. Siehst du nicht, rufe ich, was du angerichtet hast, warum bist du
weggerannt? Tiefer unten in den Strassen hören wir noch immer die Rufe der
Gattin. Was ist eigentlich los? Ich höre, dass eine Alarmanlage piepsende Töne
von sich gibt. Ich bin nun wach, so scheint es wenigstens, und gehe zum
Fenster, will sehen, was los ist. Draussen ist aber alles total ruhig. Ich höre
also nichts und lege mich wieder hin. Nun tauchen die Töne wieder auf, schön
regelmässig, drei Töne aufwärts, zwei Töne abwärts. Spinne ich, habe ich einen
Gehörschaden, einen Schlaganfall. Ich gehe wieder zum Fenster, und wieder höre
ich dort keinen Ton. Ich lege mich wieder hin und kann nun die Quelle des
Geräusches identifizieren, es ist der schön regelmässige etwas schwere Atem der
Gattin.
Samstag, 23. Februar 2013
Wir sind in einer Schule, einer Art von Uni oder
Volkshochschule. Der Betrieb ist locker, man kann kommen und gehen, wie man
will, es gibt aber auch ernsthafte Prüfungen mit Noten, die grosses Gewicht
haben. Der heutige Tag ist für uns besonders wichtig, weil wir einen kleinen
Teil eines neuen literarischen Textes vortragen sollten, nur etwa zehn Zeilen,
dafür aber auswendig. Das Werk ist aber umstritten, und es ergibt sich zu
Beginn der Stunde eine Diskussion. Einzelne Schüler, es sind Erwachsene,
bezweifeln den literarischen Wert des Textes und wollen sich nicht damit
befassen. Wir allerdings sind beeindruckt von der Erzählung, sie ist grossartig
und erinnert uns an Kafka und den Jäger Gracchus. Wir konnten den Text sehr gut
auswendig, jetzt aber, nach diesen aufgeregten Diskussionen, die noch immer im
Gang sind, haben wir ihn plötzlich total vergessen. Wir haben allerdings das
Buch bei uns, schlagen es auf, was wir nicht tun dürften, wir tun es daher
etwas versteckt und versuchen nicht aufzufallen. Obwohl die Erzählung nur kurz
ist, können wir die Passage nicht mehr finden, weil wir den Text intensiv
bearbeitet und viele Stellen angestrichen haben. Wenn wir nur die ersten paar
Worte finden würden, wäre uns gewiss alles sofort wieder präsent. Die Aufgabe
war ja leicht, und ein schönes Zitat könnte jetzt der Professorin, die eine
unserer früheren Vorgesetzten ist, sehr helfen und sehr dazu beitragen, dass ihre
Auswahl akzeptiert wird.
Dienstag, 12. Februar 2013
Die letzten Stunden der
Naziherrschaft. Wir sind mit Hitler und wenigen Kumpanen aus dem Führerbunker
geflohen und liegen nun, geschützt von den schweren Bombenangriffen, in einem
Graben unter einem Viadukt aus Beton. Aus der Ferne sehen wir dem Bombardement
des Führerbunkers zu, dort wird niemand überleben. Hitler eilt mit seinem
Gefolge weg, aber alle erscheinen wieder, in amerikanischen Uniformen, Hitler
selber in der Uniform eines amerikanischen Generals, wir besteigen einen Jeep,
ich werde, da ich als einziger noch eine deutsche Uniform trage, in die Mitte
genommen. Wir fahren mitten durch die Feinde hindurch und werden sogar
übermütig, grüssen und lachen und benehmen uns wie in einer Filmkomödie, wobei
Hitler als grossartiger Schauspieler besonders komisch wirkt. Wir fahren aber
zu schnell und sehr unvorsichtig, wir prallen gegen eine Mauer und fliegen in
einem sehr hohen Bogen in ein grösseres Gewässer, man zieht uns heraus und
nimmt uns fest.
Mittwoch, 30. Januar 2013
Wir waren lange in England unterwegs, in den
Ferien, zusammen mit der Gattin. Wir besuchten viele Orte, sehr englische Orte,
unter anderem einen Badeort, wo wir mit einem kleinen Motorboot einen Ausflug
unternahmen, vorbei an alten Bauten, altem Gemäuer, seit Jahrhunderten unberührten
Gärten, in denen noch uralte Kutschen standen. Dann ging es hinein in einen
sehr schmalen Kanal, den wir bis zu seinem Ende befuhren, ein Ende ohne
Ausgang, was aber kein Problem für den Kapitän bot. Er schaltete in den
Rückwärtsgang und fuhr die gleiche Strecke in hohem Tempo zurück, wobei auf
beiden Seiten des Schiffchens keine zwanzig Zentimeter Spielraum blieben. Im
Ort selber trennten wir uns für kurze Zeit, und vereinbarten, uns gleich wieder
beim Auto zu treffen. Das Auto war aber, wie ich mit Schrecken feststellen
musste, vor drei Tagen parkiert worden, in einem der vielen englischen Orte,
die wir besucht hatten, der Name wollte mir nicht mehr einfallen, ich machte
mich gleichwohl auf, zu Fuss, in die Richtung, in der ich dachte, dass der Ort
liegen würde, kam aber in eine ganz andere, noch nie gesehene Landschaft und
musste den gleichen Weg wieder zurückgehen. In einer grösseren Ortschaft kam
ich auf einen grossen schönen Platz, ich liess mich auf einer weiten Treppe
nieder und entfaltete meine grosse Karte. Wenn ich die Reise Tag für Tag,
Strasse für Strasse, zurückverfolgen würde, käme ich gewiss auf den Ort, wo wir
das Auto zurückgelassen haben. Ich setzte mich also hin, machte mir aber viele
Sorgen über die Gattin, sie würde das Auto ganz gewiss nicht mehr finden, das
hielt ich für unmöglich. Möglicherweise werden wir uns erst zuhause wieder
sehen, dachte ich.
Dienstag, 22. Januar 2013
Wir
sind im Militär, in einem dreiwöchigen Wiederholungskurs, und rücken jetzt, am
Montagmorgen, nach dem Wochenendurlaub ein, für die dritte und letzte Woche.
Wir gehen mit Kameraden zur Kaserne, sind noch eine halbe Stunde zu früh. Wir
sagen ihnen den Kameraden, dass hier in der Nähe der berühmte M wohne, ein
alter Bekannter von uns, eigentlich fast ein Freund, ein sehr vornehmer
Bekannter, der in ganz anderen Kreisen verkehrt als wir. Wir würden ihn gerne
schnell besuchen und mit ihm ein Treffen vereinbaren, sagen wir unseren
Kameraden, die von ihm auch schon gehört haben und beeindruckt sind, dass wir
ihn persönlich kennen. Wir hatten sein Haus schon vor einer Woche gesucht,
damals aber nicht gefunden. Er wohnt an der Strasse, die zur Kaserne führt.
Jetzt sehen wir uns nochmals sehr genau die Hausnummern an. Diese sind auf eine
ungewöhnliche Weise verteilt, es kommen zunächst höhere Zahlen, dann aber,
unter sie verteilt, wieder kleinere. Eine Systematik ist nicht zu erkennen. Am
Ende finden wir tatsächlich die Nummer 18, ein schönes herrschaftliches Haus,
mit grossem Garten, genau gegenüber der Kaserne. Auf einer kleinen Terrasse,
neben dem Hauseingang, stehen einige sehr vornehme Menschen, denen wir uns kaum
zu nähern wagen. Wir treten aber schliesslich in den Garten und fragen nach M.
Eine sehr schöne Frau, die vielleicht die Frau Mutter ist, gibt uns freundlich
und herablassend Auskunft. M sei nicht da, er sei aber gerade beim Frühstück im
Restaurant nebenan, wir könnten ihn dort treffen. Da wir noch immer glauben,
genug Zeit zu haben, gehen wir in dieses Restaurant, das im Erdgeschoss recht
gewöhnlich aussieht, einfach, etwa so wie ein
Migros-Selbstbedienungsrestaurant, aber ein Untergeschoss besitzt, das eine
vornehme Club-Athmosphäre besitzt und herrschaftliche Ansprüche erfüllt. M
befindet sich dort, er liegt auf einem grossen Ledersofa und ist eingeschlafen.
Vor ihm liegen auf dem Boden weitere Schlafende. Wir steigen über diese hinweg
und erlauben uns, M zu wecken. Er begrüsst uns gnädig und sagt, er wisse es
schon, dass wir kommen würden, man habe es ihm bereits gesagt. Unser Besuch ist
ihm natürlich lästig, wir sind aber auch wirklich furchtbar aufdringlich, wenn
wir so in den Morgenstunden erscheinen, dazu noch in Uniform. Wir könnten uns
am nächsten Mittwoch sehen, sagt M, dann hätte er Zeit. Ob es aber am nächsten
Mittwoch geht, weiss ich noch nicht, es ist möglich, dass wir noch in eine
Verlegung kommen und nicht mehr hier in der Kaserne sind. Ich muss mich jetzt
sehr beeilen und verabschiede mich. Wir bleiben in Kontakt, sagt M auf seine
edle gediegene Art, die aber auch etwas unverbindlich ist. Und dabei
versprechen wir uns von einem Gespräch mit ihm viel, er ist bei weitem der
klügste Mensch, den wir kennen. Auch wir könnten ihm nützlich sein, wenn er das
nur wollte. Der Weg zurück zur Kaserne erweist sich nun als ausserordentlich
beschwerlich, er führt über einen anderen Ausgang in eine riesige Grube, in der
schlechte und glitschige Wege hinaufführen. Wir nehmen zuerst mit zwei älteren
Damen einen Weg, der einfach zu sein scheint, aber am Ende nur zu einem steilen
Abhang führt, bei welchem sich oben Felsbrocken lösen und mit gewaltigen
Sprüngen auf uns zu stürzen. Wir kommen mit Glück nicht zu Schaden und gehen
zurück, nehmen einen der anderen Wege, die so schlecht sind, dass wir den
letzten Teil am Boden ausgestreckt auf allen Vieren kriechen müssen und uns im
Schlamm total verschmutzen. Wir sind überglücklich, als wir am Ende, oben
angelangt, unter unseren Augen Kacheln sehen, wir also einen festen Boden
erreicht haben und aufstehen können. Wir richten uns auf, die Kaserne ist nicht
weit, wir haben aber nur noch fünf Minuten Zeit, und das reicht nicht mehr, um
das Antrittsverlesen zu erreichen. Ausserdem werden wir weiter aufgehalten. Wir
stossen nämlich auf eine schreckliche Tierquälerei. Jugendliche ziehen an drei
Seilen ein Kalb in ein kleines schwelendes Feuer. Das Kalb ist schon angesengt,
wehrt sich aber verzweifelt. Es gelingt ihm immer wieder, aus dem Bereich des
Feuers und der heissen Asche auszubrechen. Wir schreiten ein, rufen, dass das
eine schreckliche Tierquälerei sei, die verboten sei und bestraft werden würde.
Ein Knecht, der die Jugendlichen anleitet, sagt aber, das sei eben eine
Schlachtung, bei ihnen werde immer so geschlachtet. Jetzt steht das gepeinigte
verschreckte Tier wieder im Feuer, es fällt sogar zu Boden, liegt in der Glut,
springt aber todwund wieder auf und will sich retten. Wir wissen nicht wie
weiter, sollten sofort in die Kaserne, um dort den Schaden in Grenzen zu
halten, sollten aber auch hier einschreiten. Aber wie? Das Kalb ist ja schon
halb tot und wird in den nächsten Minuten wahrscheinlich wirklich sterben, da
ist es wohl besser, man lässt den Dingen ihren Lauf.
Freitag, 11. Januar 2013
Was
für eine Parteiversammlung! Wir haben zu einer Parteiversammlung eingeladen. Es
war höchste Zeit dafür, denn es ist April, und die letzte Versammlung fand vor
sechs Monaten im November des Vorjahres statt. Als Parteipräsident sollten wir
die Versammlung leiten, haben aber Schwierigkeiten, die Unterlagen dazu
zusammenzustellen. In grosser Zeitnot durchsuchen wir einen Schrank mit
Parteiakten, irgendwo in einem öffentlichen Gebäude. Dort werden viele kleine
Dinge aufbewahrt, aber eine Traktandenliste oder ein Protokoll der letzten
Sitzung lässt sich nicht finden. Wir sind schon verspätet und können jetzt den
Schrank nicht mehr schliessen, die Türe hat sich verklemmt. Das ist ganz dumm,
weil hier auch viele andere Leute vorbeikommen und die offene Türe Neugierige
anziehen könnte. Wir eilen aber weg und kommen nun einige Minuten zu spät an
die Sitzung. Der tüchtige Sekretär hat die Sitzung bereits eröffnet. Eine ganz
erstaunlich grosse Zahl von Leuten ist gekommen, mindestens sechzig mögen es
sein, der Saal ist voll. Wir kennen längst nicht alle, es hat Menschen hier,
die wir nie zuvor gesehen haben. Wir sind im übrigen mit Anzug und Kravatte
erschienen, was wir nie zuvor gemacht haben und gewiss von vielen
Parteimitgliedern nicht gebilligt wird. Wir sehen aber, dass andere auch mit
Anzug und Kravatte gekommen sind, offensichtlich in Erwartung von feierlichen
Entscheiden und einer Art Tribunal. Einige mir unbekannte junge Leute tragen
sogar grosse, farbige, offenbar modische Kravatten. Die Stimmung ist feindlich,
wir haben aber keine Ahnung, was man uns vorwirft. Vielleicht viel zu grosse
Passivität und Vernachlässigung der Verantwortung als Parteipräsident. Bis ich
das Wort erhalte, verstreicht noch etwas Zeit, ich versuche daher, von einem
Mitglied eine Traktandenliste zu erhalten, was aber nicht gelingt. Ich weiss
nur, dass auf dieser Liste zwanzig Geschäfte figurieren, eine ganz unmögliche
Zahl, die niemals an einem Abend bewältigt werden kann. Ich suche nicht nur
eine Traktandenliste, sondern auch Notizpapier und Schreibzeug, beides ist
nicht erhältlich. Jetzt endlich erhalte ich das Wort, begrüsse die Anwesenden
mit den stets dafür verwendeten seelenlosen dummen Floskeln und tue so, als ob
alles in Ordnung wäre. Wir haben eine lange Traktandenliste, sage ich, die wir
nur bewältigen können, wenn wir die einzelnen Fragen zur Behandlung an
Ausschüsse übergeben, wir können daher heute nicht materiell diskutieren. Wenn
wir diskutieren, kämen wir an kein Ende, denn es sind hier sechzig Personen
anwesend, und wenn jeder nur fünf Minuten sprechen würden, würde die
Versammlung fünf Stunden dauern. Während wir reden, beginnen auch andere zu
schwatzen, es wird immer lauter, bis man mein Wort kaum mehr versteht. Ich
versuche, mich zum ersten Traktandum zu äussern. Dieses erste Traktandum,
soviel weiss ich noch, ist die Wahl eines neuen Präsidenten. Ich weiss, dass
das eine Riesengeschichte ist, ein ganzer langer Roman, eine Geschichte, die
ich jetzt nicht darlegen kann, denn der Lärm wird immer grösser. Auch in den
Nebenzimmern herrscht Lärm, und die Türen zu unserem Sitzungszimmer werden
geöffnet. Ich versuche, äusserst summarisch zu berichten, komme aber nicht mehr
zu Wort, auch wenn ich sehr laut rede. Wir sind ratlos, wissen nicht, wie es
weitergehen soll.
Dienstag, 8. Januar 2013
Ein Klassenkamerad, einer, der uns immer voller
Geheimnisse zu stecken schien, ein umtriebiger, durchtriebener Mensch, der alle
kannte, von allen immer alles wusste, besonders von den Mädchen, ist im Besitz
einer furchtbaren Bombe, die er um 18.30 Uhr zünden will. Wir wissen es,
könnten noch intervenieren, haben aber zu grosse Angst und rennen davon. Wenn
wir noch einen Zug erwischen könnten, würden wir gewiss aus dem Gefahrenbereich
kommen, ganz gleich wohin der Zug fahren würde. Wir machen uns also davon,
begegnen aber nun unserem Klassenklameraden, der aus einem Gebäude tritt, mit
einer Pistole in der Hand, und sich auf den Weg macht zu seiner Bombe. Was sollen
wir tun? Wir sind hin- und hergerissen. Sollen wir uns ihm in den Weg stellen?
Er würde uns gewiss erschiessen. Jetzt hat er uns gesehen, kommt auf uns zu und
zielt mit der Pistole auf uns. Wir stossen mit ihm zusammen, er verliert die
Pistole, sie fällt zu Boden, wir kicken sie weg. Wie soll es nun weitergehen.
Der Ausgang ist offen.
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