Sonntag, 30. Juni 2013


Wir werden am Morgen um sieben Uhr aus einem militärischen Kurs entlassen und wollen nach Hause fahren. Es kommt aber immer wieder zu Zwischenfällen und Verspätungen. Erst am Nachmittag erreichen wir unser Dorf. Wir sind in Zivil, kommen mit dem Velo und führen das wenige Gepäck mit uns, in einer blauen Adidas-Tasche und einem roten Sportsack. Am Dorfeingang überrascht uns ein starker Regen. Wir fahren unter einen Baum und ziehen uns eine Regenjacke an. Es regnet aber so stark, dass wir Zuflucht nehmen müssen in einer riesigen Scheune, die der Gemeinde gehört und auch als Werkhof dient. Auch andere Einwohner haben sich hier versammelt, man begrüsst uns, kennt uns. In Boxen liegen Zeichnungen von Schülern auf, sie werden verkauft, zugunsten irgendeines guten Zweckes. Die besten Zeichnungen sind natürlich schon weg. Es gibt in diesem Dorf sehr kluge Einwohner, die früh gekommen sind und die wertvollen Zeichnungen sofort gekauft haben. Einige junge Männer stehen herum, gute Kollegen, die in die Ferien fahren wollen. Einer sagt, er würde schon lange gerne einmal die Alhambra besuchen. Mit Schrecken stellen wir fest, dass auch ein Plan mit Strassensperrungen aufgehängt ist. Einige Strassen, die wir noch benützen müssen, sind wegen Bauarbeiten gesperrt. Wir klagen laut darüber, ein Wegmeister von der Gemeindeverwaltung erklärt uns aber trocken, dass ja die Brunnackerstrasse offen sei, und wir müssten ja nur diese Strasse benützen, um nach Hause zu gelangen. So kann es wirklich nur noch fünf Minuten dauern, bis wir zuhause ankommen. Als der Regen aufhört, wollen wir losfahren, stellen aber zu unserem grossen Ärger fest, dass unser Gepäck verschwunden ist. Jemand hat es, zusammen mit anderen Taschen, über eine Brüstung in einen Bereich der Halle geworfen, in welchem allerlei Abfälle, unter anderem in grossen Ballen verpacktes Grünzeugs aufbewahrt werden. Wir sehen die Adidas-Tasche auf dieser Halde liegen. An ihrem Fuss, wohl fünfzig Meter tiefer, stehen einige Leute. Wer hat diese Dummheit gemacht, wer war das? Es ist unerklärlich, dass es niemand gesehen hat, oder dass es niemand gesehen haben will. Jetzt müssen wir, zusammen mit anderen, die Taschen holen, was sehr mühsam und auch gefährlich ist. Die Adidas-Tasche bekommen wir wieder, es scheint, dass nichts gestohlen worden ist. Die zerknüllten Hosen sind noch drin, und in den Hosen auch das dicke Portemonnaie mit Geld und Kreditkarten. Aber der gute und geliebte Sportsack ist nicht mehr zu finden, er ist wohl in einen der vielen tiefen Spalten gefallen. Viel war dort nicht drin, nur ein Handtuch und Unterwäsche. Man steht jetzt in Gruppen herum und bespricht den Fall, den man offensichtlich als nicht besonders gravierend einstuft. Unsere Aufregung und unseren Zorn versteht man jedenfalls nicht. Gewiss waren es Jugendliche, und den Jugendlichen muss man doch gewisse Freiräume zugestehen. Wir denken, dass es in dieser Gemeinde einige Psychopathen haben muss, sagen dies aber selbstverständlich nicht. Jetzt ist es schon später Nachmittag, wir sind verzweifelt und belustigt zugleich. Seit sieben Uhr versuchen wir nun nach Hause zu kommen, rufen wir aus, und sind noch immer nicht dort.

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