Wir
werden am Morgen um sieben Uhr aus einem militärischen Kurs entlassen und wollen
nach Hause fahren. Es kommt aber immer wieder zu Zwischenfällen und
Verspätungen. Erst am Nachmittag erreichen wir unser Dorf. Wir sind in Zivil,
kommen mit dem Velo und führen das wenige Gepäck mit uns, in einer blauen
Adidas-Tasche und einem roten Sportsack. Am Dorfeingang überrascht uns ein
starker Regen. Wir fahren unter einen Baum und ziehen uns eine Regenjacke an.
Es regnet aber so stark, dass wir Zuflucht nehmen müssen in einer riesigen
Scheune, die der Gemeinde gehört und auch als Werkhof dient. Auch andere
Einwohner haben sich hier versammelt, man begrüsst uns, kennt uns. In Boxen
liegen Zeichnungen von Schülern auf, sie werden verkauft, zugunsten irgendeines
guten Zweckes. Die besten Zeichnungen sind natürlich schon weg. Es gibt in
diesem Dorf sehr kluge Einwohner, die früh gekommen sind und die wertvollen
Zeichnungen sofort gekauft haben. Einige junge Männer stehen herum, gute
Kollegen, die in die Ferien fahren wollen. Einer sagt, er würde schon lange
gerne einmal die Alhambra besuchen. Mit Schrecken stellen wir fest, dass auch
ein Plan mit Strassensperrungen aufgehängt ist. Einige Strassen, die wir noch
benützen müssen, sind wegen Bauarbeiten gesperrt. Wir klagen laut darüber, ein
Wegmeister von der Gemeindeverwaltung erklärt uns aber trocken, dass ja die
Brunnackerstrasse offen sei, und wir müssten ja nur diese Strasse benützen, um
nach Hause zu gelangen. So kann es wirklich nur noch fünf Minuten dauern, bis
wir zuhause ankommen. Als der Regen aufhört, wollen wir losfahren, stellen aber
zu unserem grossen Ärger fest, dass unser Gepäck verschwunden ist. Jemand hat
es, zusammen mit anderen Taschen, über eine Brüstung in einen Bereich der Halle
geworfen, in welchem allerlei Abfälle, unter anderem in grossen Ballen
verpacktes Grünzeugs aufbewahrt werden. Wir sehen die Adidas-Tasche auf dieser
Halde liegen. An ihrem Fuss, wohl fünfzig Meter tiefer, stehen einige Leute.
Wer hat diese Dummheit gemacht, wer war das? Es ist unerklärlich, dass es
niemand gesehen hat, oder dass es niemand gesehen haben will. Jetzt müssen wir,
zusammen mit anderen, die Taschen holen, was sehr mühsam und auch gefährlich
ist. Die Adidas-Tasche bekommen wir wieder, es scheint, dass nichts gestohlen
worden ist. Die zerknüllten Hosen sind noch drin, und in den Hosen auch das
dicke Portemonnaie mit Geld und Kreditkarten. Aber der gute und geliebte
Sportsack ist nicht mehr zu finden, er ist wohl in einen der vielen tiefen
Spalten gefallen. Viel war dort nicht drin, nur ein Handtuch und Unterwäsche.
Man steht jetzt in Gruppen herum und bespricht den Fall, den man offensichtlich
als nicht besonders gravierend einstuft. Unsere Aufregung und unseren Zorn
versteht man jedenfalls nicht. Gewiss waren es Jugendliche, und den
Jugendlichen muss man doch gewisse Freiräume zugestehen. Wir denken, dass es in
dieser Gemeinde einige Psychopathen haben muss, sagen dies aber
selbstverständlich nicht. Jetzt ist es schon später Nachmittag, wir sind
verzweifelt und belustigt zugleich. Seit sieben Uhr versuchen wir nun nach
Hause zu kommen, rufen wir aus, und sind noch immer nicht dort.
Sonntag, 30. Juni 2013
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