Dienstag, 22. Januar 2013


Wir sind im Militär, in einem dreiwöchigen Wiederholungskurs, und rücken jetzt, am Montagmorgen, nach dem Wochenendurlaub ein, für die dritte und letzte Woche. Wir gehen mit Kameraden zur Kaserne, sind noch eine halbe Stunde zu früh. Wir sagen ihnen den Kameraden, dass hier in der Nähe der berühmte M wohne, ein alter Bekannter von uns, eigentlich fast ein Freund, ein sehr vornehmer Bekannter, der in ganz anderen Kreisen verkehrt als wir. Wir würden ihn gerne schnell besuchen und mit ihm ein Treffen vereinbaren, sagen wir unseren Kameraden, die von ihm auch schon gehört haben und beeindruckt sind, dass wir ihn persönlich kennen. Wir hatten sein Haus schon vor einer Woche gesucht, damals aber nicht gefunden. Er wohnt an der Strasse, die zur Kaserne führt. Jetzt sehen wir uns nochmals sehr genau die Hausnummern an. Diese sind auf eine ungewöhnliche Weise verteilt, es kommen zunächst höhere Zahlen, dann aber, unter sie verteilt, wieder kleinere. Eine Systematik ist nicht zu erkennen. Am Ende finden wir tatsächlich die Nummer 18, ein schönes herrschaftliches Haus, mit grossem Garten, genau gegenüber der Kaserne. Auf einer kleinen Terrasse, neben dem Hauseingang, stehen einige sehr vornehme Menschen, denen wir uns kaum zu nähern wagen. Wir treten aber schliesslich in den Garten und fragen nach M. Eine sehr schöne Frau, die vielleicht die Frau Mutter ist, gibt uns freundlich und herablassend Auskunft. M sei nicht da, er sei aber gerade beim Frühstück im Restaurant nebenan, wir könnten ihn dort treffen. Da wir noch immer glauben, genug Zeit zu haben, gehen wir in dieses Restaurant, das im Erdgeschoss recht gewöhnlich aussieht, einfach, etwa so wie ein Migros-Selbstbedienungsrestaurant, aber ein Untergeschoss besitzt, das eine vornehme Club-Athmosphäre besitzt und herrschaftliche Ansprüche erfüllt. M befindet sich dort, er liegt auf einem grossen Ledersofa und ist eingeschlafen. Vor ihm liegen auf dem Boden weitere Schlafende. Wir steigen über diese hinweg und erlauben uns, M zu wecken. Er begrüsst uns gnädig und sagt, er wisse es schon, dass wir kommen würden, man habe es ihm bereits gesagt. Unser Besuch ist ihm natürlich lästig, wir sind aber auch wirklich furchtbar aufdringlich, wenn wir so in den Morgenstunden erscheinen, dazu noch in Uniform. Wir könnten uns am nächsten Mittwoch sehen, sagt M, dann hätte er Zeit. Ob es aber am nächsten Mittwoch geht, weiss ich noch nicht, es ist möglich, dass wir noch in eine Verlegung kommen und nicht mehr hier in der Kaserne sind. Ich muss mich jetzt sehr beeilen und verabschiede mich. Wir bleiben in Kontakt, sagt M auf seine edle gediegene Art, die aber auch etwas unverbindlich ist. Und dabei versprechen wir uns von einem Gespräch mit ihm viel, er ist bei weitem der klügste Mensch, den wir kennen. Auch wir könnten ihm nützlich sein, wenn er das nur wollte. Der Weg zurück zur Kaserne erweist sich nun als ausserordentlich beschwerlich, er führt über einen anderen Ausgang in eine riesige Grube, in der schlechte und glitschige Wege hinaufführen. Wir nehmen zuerst mit zwei älteren Damen einen Weg, der einfach zu sein scheint, aber am Ende nur zu einem steilen Abhang führt, bei welchem sich oben Felsbrocken lösen und mit gewaltigen Sprüngen auf uns zu stürzen. Wir kommen mit Glück nicht zu Schaden und gehen zurück, nehmen einen der anderen Wege, die so schlecht sind, dass wir den letzten Teil am Boden ausgestreckt auf allen Vieren kriechen müssen und uns im Schlamm total verschmutzen. Wir sind überglücklich, als wir am Ende, oben angelangt, unter unseren Augen Kacheln sehen, wir also einen festen Boden erreicht haben und aufstehen können. Wir richten uns auf, die Kaserne ist nicht weit, wir haben aber nur noch fünf Minuten Zeit, und das reicht nicht mehr, um das Antrittsverlesen zu erreichen. Ausserdem werden wir weiter aufgehalten. Wir stossen nämlich auf eine schreckliche Tierquälerei. Jugendliche ziehen an drei Seilen ein Kalb in ein kleines schwelendes Feuer. Das Kalb ist schon angesengt, wehrt sich aber verzweifelt. Es gelingt ihm immer wieder, aus dem Bereich des Feuers und der heissen Asche auszubrechen. Wir schreiten ein, rufen, dass das eine schreckliche Tierquälerei sei, die verboten sei und bestraft werden würde. Ein Knecht, der die Jugendlichen anleitet, sagt aber, das sei eben eine Schlachtung, bei ihnen werde immer so geschlachtet. Jetzt steht das gepeinigte verschreckte Tier wieder im Feuer, es fällt sogar zu Boden, liegt in der Glut, springt aber todwund wieder auf und will sich retten. Wir wissen nicht wie weiter, sollten sofort in die Kaserne, um dort den Schaden in Grenzen zu halten, sollten aber auch hier einschreiten. Aber wie? Das Kalb ist ja schon halb tot und wird in den nächsten Minuten wahrscheinlich wirklich sterben, da ist es wohl besser, man lässt den Dingen ihren Lauf.

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