Ich
bin erwacht, liege im Bett neben meiner Frau, in der zweistöckigen Wohnung, die
wir vor fünfundzwanzig Jahren aufgegeben haben. Unser Schlafzimmer liegt auf
der Seite, die dem Wald zugewandt ist und hat links von mir ein Fenster. Das
Bett ist klein, und meine Frau breitet sich im Schlaf so aus, dass ich nicht
mehr einschlafen kann. Ich entschliesse mich, nach unten, ins Wohnzimmer zu
gehen. Es ist bald zwei Uhr, draussen aber höre ich laute Musik und Gesang. Ich
gehe hinunter, zur Haustür, und sehe, dass Nachbarn auf der kleinen Böschung,
die hinauf zu den Parkplätzen führt, irgendetwas üben, offenbar für eine
Werbeshow mit Musik und Gesang. Alles ist hell erleuchtet, und einige Mädchen
singen und tanzen. Von Schlaf kann aber jetzt keine Rede sein. Auch ein Nachbar
ist vor die Türe getreten, brummt etwas und bleibt wie immer verschlossen,
redet nicht mit mir. Ein anderer Nachbar sitzt draussen und arbeitet, ist mit
Plänen und Zeichungen beschäftigt. Neben ihm liegen zwei Bücher am Boden,
schmale Bände, dunkelrot eingebunden, Bibliotheksexemplare. Ich hebe sie auf
und sehe, dass es Bände sind, die ich bestellt hatte. Warum sie hier am Boden
liegen, ist unerklärlich. Ich frage meinen Nachbar, ob sie etwa ihm gehören
würden. Nein, sagt er. Ich nehme sie daher mit und gehe nach oben, wo
mittlerweile auch meine Frau wach geworden ist. Ich sage ihr, dass auf der
Böschung vor unserem Schlafzimmerfenster auch eine Anlage des
Elektrizitätswerkes errichtet worden ist, mit vielen Masten und Leitungen. Um
was er hier geht, wissen wir nicht. Es könnte eine Versuchsanlage sein, gewiss
auch mit Hochspannung und entsprechenden Strahlungen. Uns betrifft das
glücklicherweise nicht mehr, denn wir werden in wenigen Tagen wegziehen. Jetzt
schlafen wir am Ende doch noch ein. Ich erwache später wieder und finde meine
Frau nicht mehr neben mir. Dann erwache ich wirklich, bin aber noch in
Traumrealität, sehe wieder links von mir das Fenster und glaube, noch am alten
Wohnort zu sein. Erst nach bangen Momenten der Unsicherheit merke ich, wo ich
bin, nämlich am neuen Wohnort, wo ich seit fünfundzwanzig Jahren allein schlafe
und allein ein Zimmer habe.
Samstag, 14. August 2021
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