Samstag, 20. November 2021

Ich habe ein Seminar organisiert, mit vielleicht fünfzig Teilnehmern. Es geht um berufliche Fragen auf einer unteren Ebene. Von den Vorgesetzten ist daher niemand anwesend, sie haben, für mich nicht unerwartet, kein Interesse an einer Teilnahme gezeigt. Sie bedauern dies jetzt vielleicht, denn ganz unerwartet hat sich noch Frau Merkel angemeldet, die ohne Begleitung erscheint und die Präsentationen und Diskussionen interessiert verfolgt. Ich sitze neben ihr, sie redet freundlich mit mir. In der Mittagspause ist für sie nichts vorgesehen. Sie sagt, sie gehe hinaus, etwas essen. Ich wage nicht, ihr meine Begleitung anzubieten, die sie vermutlich angenommen hätte. Jetzt geht sie wohl in ihr Hotel und wird dort sicher etwas zu essen bekommen. Offenbar aus Sicherheitsgründen hat sie sich noch mit wenigen Strichen das Makeup noch so verändert, dass man sie jetzt nicht erkennen wird. In der Stadt sind nämlich alle Restaurants wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Ich gehe auch hinaus und sehe dort, wie ein junger Reporter, den ich kenne, ein sehr ruhiger und bescheidener Typ, mit zwei bekannten Chefredaktoren eines grossen Medienhauses redet. Ich trete hinzu und erfahre, dass er soeben eine grosse Story abgeliefert hat und nun einen lukrativen zweiten Auftrag und Aussicht auf eine feste Anstellung erhält. Er strahlt vor Freude. Mein Bekannter ist auch Hauptfigur in einem Film, in dem der Aufstieg eines jungen Reporters gezeigt wird. Ich habe nur den Vorspann davon gesehen, in welchem er als verarmter alter Mann erscheint, der ein kleines Antiquariat führt. Mehr hat er schlussendlich nicht erreicht. Dann geht es zurück zur Veranstaltung, um 15.00 Uhr beginnt die Nachmittagssitzung. Ich gehe vorher noch auf die Toilette, sie sehr altmodisch und unbequem ist. Man pisst hier in einer engen Viererbox, die ich zum Glück allein betreten kann, vor einer grösseren Gruppe. Die Toilettenschüsseln werden laufend von oben durch einen Wasserstrahl gereinigt, der auch den Boden und die Besucher bespritzt. Ich verrichte mein Geschäft und hoffe, dass Frau Merkel bei den Damen bessere Toiletten vorfindet. Dann beginnt, mit einer kleinen Verspätung, die auf Frau Merkel zurückzuführen ist, die zweite Sitzung. Jetzt sind auch einige Journalisten anwesend. In der Diskussion ergreift ein alter, mir nicht bekannter Journalist das Wort und redet aufreizend leise und ziemlich frech zu Fragen, die überhaupt nichts mit dem Seminar zu tun haben, auf die er aber offenbar Frau Merkel aufmerksam machen will. Es geht um Vorwürfe gegen SVP-Politiker und die Weltwoche. Als man ihm das Wort entzieht, schliesst er beleidigt die Augen und schweigt.

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