Mittwoch, 16. September 2020

Ich bin vor einem Jahr Mitglied eines städtischen Gremiums geworden, das mich nicht interessiert und von dem ich auch nicht genau weiss, welche Funktion es hat. Es ist eine Art von Liegenschaftsausschuss, der gewisse Projekte beurteilen sollte, aber offenbar keinerlei Kompetenzen besitzt. Jetzt findet wieder eine Sitzung statt, in einem alten Gebäude, einem Wohnhaus ohne angemessene Sitzungszimmer. Ich stelle kurz vor Sitzungsbeginn «mit Schrecken» (so sage ich es dem Präsidenten) fest, dass ich ja das Protokoll der letzten Sitzung hätte anfertigen sollen. Ich habe nur sehr rudimentäre Notizen, kaum Hinweise auf die Teilnehmer und Traktanden, einige Zahlen ohne jeden Zusammenhang, dazu nach meiner Art Gekritzel und Zeichnungen. Der Präsident, ein energiegeladener, umtriebiger junger Mann mit stahlblauen Augen, ist ungehalten und sagt, das gehe gar nicht, wir müssten ein Protokoll haben. Er setzt sich hin, wenige Minuten vor Sitzungsbeginn, und will an seinem Notebook noch ein kleines Protokoll verfassen. Ich gebe ihm meine Notizen, mit denen er aber wenig anfangen kann. Er schreibt irgendetwas und glaubt, so die Sache noch regeln zu können. Es hängt ja schliesslich alles von ihm ab, und niemand wird nach dem Protokoll fragen. Wichtiges haben wir ja nicht beschlossen, und es ist unklar, ob wir überhaupt etwas hätten beschliessen können. Es hatte keine Traktandenliste gegeben, eine solche existierte wohl nur im Kopf des Vorsitzenden, von dem alles abhängt, und die Namen der Mitglieder stehen auch nicht fest. Es scheint, dass diese von Sitzung zu Sitzung wechseln. Der junge Mann erinnert mich auch daran, dass im Herbst noch eine Sitzung stattgefunden habe, damals ohne ihn. Ob dort der Herr Jones dabeigewesen sei, fragt er mich. Ich habe ich nicht die geringste Erinnerung an dieses Treffen, von ich doch auch ein Protokoll hätte schreiben müssen. 

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