Opernbesuch.
Eine feierliche Aufführung steht bevor, eine der grossen Wagner-Opern. Wir sind
nicht etwa wieder zuspät und haben auch keine Probleme mit den Eintrittskarten,
sondern stehen im prachtvollen Foyer und warten mit vielen Musikfreunden auf
die Öffnung der Türen. Manche stehen, die höheren Kreise sitzen in langen
Reihen auf einer Art von Kirchenbänken. Ich bin mit meiner Gattin da, und auch
mit einem musikbegeisterten Arbeitskollegen und dessen Frau. Ihm allerdings
fehlt eine Kravatte. Meine Frau hat glücklicherweise seidene Halstücher bei
sich, die sie ihm anbieten kann. Sie sind natürlich zu gross, er sieht damit
etwas abenteuerlich aus, irgendwie südamerikanisch, aber immerhin besser als
ohne Krawatte. Auch seine Frau entschliesst sich, noch ein Tuch umzuwerfen.
Jetzt sind Bläser zu hören, sie laden mit einem berühmten Wagnermotiv ein zum
Besuch der Aufführung. Die Einlasstüren öffnen sich und die Besucher strömen in
den weiten Konzertsaal. Wir sehen, wie gesagt, etwas komisch aus, fallen aber
nicht weiter auf. Die vornehme Zürcher Gesellschaft, die jetzt von ihren
Kirchenbänken aufsteht und die Gala-Vorstellung besuchen will, nimmt uns nicht
wahr. Sie besteht aus sehr gewöhnlich aussehenden alten Damen und Herren, die
ganz mit sich selber beschäftigt sind und wohl keine Ahnung davon haben, was
sie erwartet.
Dienstag, 10. September 2019
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