Mittwoch, 24. Juni 2015
Wir bewerben uns als Statist für eine
Filmproduktion und denken, dass unser Typus des gepflegten älteren Herrn
durchaus gefragt sein könnte. Wir müssen zunächst in einer grossen Vorhalle
warten, wir setzen uns auf ein grosses Ledersofa. Gegenüber von uns wartet
bereits eine Frau, eine auffällige Erscheinung, nicht mehr ganz jung, ziemlich
aufgedonnert, mit blondem Lockenkopf, wohl eine Perücke. Eine zweite Frau
erscheint, ähnliche Gestalt, wieder mit gewaltigem blondem Haar, sie redet
ununterbrochen, zitiert, deklamiert wie eine Schauspielerin, ist wohl verrückt.
Dann erscheinen zahlreiche weitere Interessenten, auch der Regisseur oder
Produzent tritt auf, begrüsst uns, lässt uns antreten, verteilt Nummern. Wir
erhalten die Nummer 3. Wir müssen in Einerkolonne in einem Hof marschieren, wir
geben unser Bestes, laufen sehr elegant und dynamisch und haben die Hoffnung,
engagiert zu werden, denn wir gehören zu den wenigen, von denen der
Filmgewaltige Photos macht. Später müssen wir sogar rennen, was uns auch
keinerlei Mühe macht, wir laufen beschwingt und munter und wieder macht der
Regisseur oder Produzent Photos. Wir hoffen sogar, dass wir nicht nur eine
Statistenrolle erhalten, sondern vielleicht sogar eine kleine Nebenrolle, wir
haben ja eigentlich genau genommen einiges schauspielerische Talent. Ob es wohl
eine Entschädigung gibt, das fragen wir uns, denn als Statist muss man ja unter
Umständen tagelang herumstehen und auf den Einsatz warten. Langweilig wird es
uns sicher nicht werden, wir stehen gerne einfach herum, können vielleicht mit
den anderen Statisten schwatzen, und im übrigen haben wir ja Zeit, wir haben
keine anderen Beschäftigungen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen