Montag, 12. März 2012

Wir sind unterwegs, in den Ferien, irgendwo in den Bergen, Graubünden oder so, allein oder in einem Lager, das ist nicht ganz klar. Wir sind alleine und möchten eine kleine Wanderung unternehmen, was nicht ganz einfach ist, denn wir haben keine guten Schuhe. Auf den Wegen liegt noch Schnee, und alle Wanderwege führen hinauf, in Regionen, wo noch viel mehr Schnee liegt. Dorthin können wir also auf keinen Fall. Also entschliessen wir uns zu einer kleinen Zugsfahrt und fahren bis St. Moritz, dort sollten wir natürlich aussteigen und umkehren, weil wir sonst nicht mehr zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren können. Wir wollen aussteigen, müssen uns aber zuerst noch die Schuhe binden, was zu lange dauert. Der Zug fährt schon weiter, und wir haben nicht einmal ein Billet für die Weiterfahrt. Der Zug fährt durch einen Tunnel und hält nun in Rhäzüns. Wir steigen nun wirklich aus und hoffen, dass noch ein Zug in der Gegenrichtung fährt. Wir gehen über die Geleise in den Wartesaal. Dort treffen wir auf Menschen, die uns bekannt vorkommen. Es sind offensichtlich Kameraden aus unserer Pfadfinderzeit, Leute, die wir seit vierzig Jahren nicht mehr gesehen haben. Sie nennen sich mit den alten Pfadinamen, die uns noch gut in Erinnerung sind. Wir sind froh, sie hier zu treffen, und sprechen sie an. Seid ihr vielleicht Goldenberger, fragen wir sie. Ja, sagen sie, etwas einsilbig. Wir sagen, wir seien ja auch einer gewesen, sie würden sich doch wohl noch an uns erinnern, und nennen unseren Pfadinamen. Ja, das hätten sie schon gesehen, sagen sie, sie würden uns kennen. Es scheint aber, als seien sie weiter nicht an uns interessiert, sie beschäftigen sich mit ihren Wanderangelegenheiten und machen bloss einige spöttische Bemerkungen. Sie zeigen auf unsere Jacke und sagen, wir seien ja mit einer richtigen Kapitänsuniform unterwegs. In der Tat, das sehen wir nun auch ein, unser Aufzug ist etwas speziell. Wir tragen nämlich eine Art von Pfadiuniform, mit allen Gradabzeichen, die wir in harten Prüfungen erworben hatten. Es aber eine stark verbesserte und verschönerte Uniform, es ist eine grüne Jacke, ein Veston, mit ziemlich pompösen gelben Gradabzeichen. Zusätzlich haben wir einen sehr auffälligen, breiten gelben Kragen aufgesetzt. Alles in allem reisen wir in einem Aufzug, der komisch wirkt, uns aber bisher nicht gestört hat, weil wir offenbar ein hochentwickeltes Selbstbewusstsein besitzen. Erst durch das Verhalten der alten Pfadikollegen wird uns klar, dass mit unserem Aufzug etwas nicht stimmt. Diese leben in einer einfachen, klaren, kleinen, bescheidenen Welt, eben in der normalen Welt, wir hingegen in einer Traumwelt.

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