Zwei
Bekannte, die ich aber nicht näher identifizieren könnte, und ich werden in
Basel von einem sehr reichen Financier empfangen, in einem vornehmen alten Haus
mit Holztäferungen. Im Rahmen einer Art von Forschungsprojekt gibt er uns
Auskunft über seine Tätigkeit. Es ist ein bescheidenes Projekt, eigentlich eine
Art Maturaarbeit, und wir sind erstaunt, dass der hohe Herr Zeit findet, unsere
Fragen zu beantworten. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr. Ein Assistent zeigt uns
auf einer grossen Tafel, die an der Wand hängt, das Ausmass der weltweiten
Investitionstätigkeit. Um 18 Uhr ist das Treffen eigentlich zu Ende, der
Assistenz räumt die Unterlagen weg, und meine Begleiter verabschieden sich. Ich
aber hätte gerne noch einige weitere Fragen gestellt. Der sehr nette,
leutselige Superreiche ist gerne dazu bereit und lädt mich ein, sich mit ihm
vorne bei den Fenstern an ein Tischchen zu setzen. Dort befindet sich auch ein
Juwelierladen, in dessen Schaufenster wir sehr teuren Schmuck und
Christbaumschöggeli sehen. Der Investor sagt, dass dieses Geschäft am
Weihnachtsfest, das er für seine Freunde gebe, immer eine grosse Attraktion für
die Kinder sei, denn diese dürften dann die Auslage plündern, wobei, das
glaubte er für mich beifügen zu müssen, es natürlich immer ganz
selbstverständlich sei, dass sie den Schmuck nicht mitnehmen würden. Wir
sprechen nun über die, wie ich erkläre, «heikle» Frage nach den Prinzipien,
nach denen die Investitionen erfolgen. Würden Sie zum Beispiel auch in eine
Waffenfabrik investieren? Solche und andere Fragen stelle ich, reichlich
unbedarft. Der alte Herr gibt lächelnd Auskunft und sagt viel Interessantes und
staatspolitisch Bedeutsames. Eigentlich sollte ich Notizen machen, denn ich
kann gewiss nicht alles im Kopf behalten, was er sagt. Jetzt ist es 18.50, wir
haben die vorgesehene Zeit schon lange überschritten, und vielleicht warten ja
andere Verpflichtungen auf ihn. Es schmeichelt mir, dass er sich soviel Zeit
nimmt, und ich ertappe mich dabei, dass ich insgeheim hoffe, dass für mich bei
diesem Wohlwollen noch etwas abfällt. Aber was könnte das sein? Am Ende frage
ich mich auch, ob der so schwerreiche Abkömmling aus einem berühmten alten
Geschlecht es ehrlich meint und wirklich die Wahrheit sagt oder nicht einfach
nur schwatzt.
Montag, 1. Juni 2020
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