Montag, 1. Juni 2020


Zwei Bekannte, die ich aber nicht näher identifizieren könnte, und ich werden in Basel von einem sehr reichen Financier empfangen, in einem vornehmen alten Haus mit Holztäferungen. Im Rahmen einer Art von Forschungsprojekt gibt er uns Auskunft über seine Tätigkeit. Es ist ein bescheidenes Projekt, eigentlich eine Art Maturaarbeit, und wir sind erstaunt, dass der hohe Herr Zeit findet, unsere Fragen zu beantworten. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr. Ein Assistent zeigt uns auf einer grossen Tafel, die an der Wand hängt, das Ausmass der weltweiten Investitionstätigkeit. Um 18 Uhr ist das Treffen eigentlich zu Ende, der Assistenz räumt die Unterlagen weg, und meine Begleiter verabschieden sich. Ich aber hätte gerne noch einige weitere Fragen gestellt. Der sehr nette, leutselige Superreiche ist gerne dazu bereit und lädt mich ein, sich mit ihm vorne bei den Fenstern an ein Tischchen zu setzen. Dort befindet sich auch ein Juwelierladen, in dessen Schaufenster wir sehr teuren Schmuck und Christbaumschöggeli sehen. Der Investor sagt, dass dieses Geschäft am Weihnachtsfest, das er für seine Freunde gebe, immer eine grosse Attraktion für die Kinder sei, denn diese dürften dann die Auslage plündern, wobei, das glaubte er für mich beifügen zu müssen, es natürlich immer ganz selbstverständlich sei, dass sie den Schmuck nicht mitnehmen würden. Wir sprechen nun über die, wie ich erkläre, «heikle» Frage nach den Prinzipien, nach denen die Investitionen erfolgen. Würden Sie zum Beispiel auch in eine Waffenfabrik investieren? Solche und andere Fragen stelle ich, reichlich unbedarft. Der alte Herr gibt lächelnd Auskunft und sagt viel Interessantes und staatspolitisch Bedeutsames. Eigentlich sollte ich Notizen machen, denn ich kann gewiss nicht alles im Kopf behalten, was er sagt. Jetzt ist es 18.50, wir haben die vorgesehene Zeit schon lange überschritten, und vielleicht warten ja andere Verpflichtungen auf ihn. Es schmeichelt mir, dass er sich soviel Zeit nimmt, und ich ertappe mich dabei, dass ich insgeheim hoffe, dass für mich bei diesem Wohlwollen noch etwas abfällt. Aber was könnte das sein? Am Ende frage ich mich auch, ob der so schwerreiche Abkömmling aus einem berühmten alten Geschlecht es ehrlich meint und wirklich die Wahrheit sagt oder nicht einfach nur schwatzt.

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