Freitag, 15. April 2016


London, sehr gutes Hotel, vornehmes Klubzimmer. Unsere kleine Reisegesellschaft (meine Gattin und zwei undefinierbare Verwandte) sitzt beim Tee. Im ehrwürdigen Raum findet nun aber auch ein delikates Interview mit einem berühmten Londoner statt. Zwei Stars von einem TV-Sender, ein Mann und eine Frau, nehmen in einem kleinen skurrilen Sessel Platz, der aussieht wie ein Kinderwagen. Der Mann ist klein und sieht so bizarr und verschroben aus, als wäre er der Interviewte. Die Londoner Grösse erscheint nun, sieht verhältnismässig normal aus und setzt sich auf eines der schönen Ledersofas. Mit grosser Ehrfurcht wird ihm immer wieder die gleiche Frage gestellt: Do you feel pain? Er antwortet mit leiser und trauriger Stimme: Yes, I feel pain. Wir sehen zu und haben dabei dumme Gedanken voller Spott und Hohn. Es könnte sein, dass man das auch bemerkt, vielleicht an unserem respektlosen Gesichtsausdruck. Der Gepeinigte muss sehr reich sein, trägt aber einen uralten und ganz gewöhnlichen gestrickten Pullover, in welchem sich mitten auf seiner Brust ein grosses Loch befindet. Ich mache meine Gattin, die bei mir keine solche Verwahrlosung dulden würde, darauf aufmerksam. Jetzt ist es aber genug! Einer der anderen Hotelgäste, die im Klubzimmer sitzen und sich sehr diskret verhalten, steht auf und beschimpft mich. Wir würden ja die ganze Zeit den berühmten Herrn anstarren! Das gehört sich nicht und ist offenbar eine grosse Beleidigung. Wir können uns nicht verteidigen und wollen unseren guten Willen zeigen, indem wir sofort den Raum verlassen. Unser Vergehen ist aber so gross, dass sich die Engländer nicht beruhigen können. Zwei Herren stehen auf und kommen mit uns in den Gang hinaus. Einer packt mich und hält mich fest, der andere holt mit der Hand zu einem Schlag auf meinen Hintern aus. Do you want to spank me? rufe ich entsetzt aus. Ja, sagen die Herren, es braucht eine Strafe. Ich wehre mich, drehe mich weg und sage, ich würde die Polizei rufen, sie hätten kein Recht, mich festzuhalten und zu bestrafen. Das beeindruckt aber nicht. Es scheint, als würde es in den hohen Sphären, in die wir geraten sind, besondere Gesetze geben, nach denen ich nun bestraft werden muss.

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