London,
sehr gutes Hotel, vornehmes Klubzimmer. Unsere kleine Reisegesellschaft (meine
Gattin und zwei undefinierbare Verwandte) sitzt beim Tee. Im ehrwürdigen Raum
findet nun aber auch ein delikates Interview mit einem berühmten Londoner
statt. Zwei Stars von einem TV-Sender, ein Mann und eine Frau, nehmen in einem
kleinen skurrilen Sessel Platz, der aussieht wie ein Kinderwagen. Der Mann ist
klein und sieht so bizarr und verschroben aus, als wäre er der Interviewte. Die
Londoner Grösse erscheint nun, sieht verhältnismässig normal aus und setzt sich
auf eines der schönen Ledersofas. Mit grosser Ehrfurcht wird ihm immer wieder
die gleiche Frage gestellt: Do you feel pain? Er antwortet mit leiser und
trauriger Stimme: Yes, I feel pain. Wir sehen zu und haben dabei dumme Gedanken
voller Spott und Hohn. Es könnte sein, dass man das auch bemerkt, vielleicht an
unserem respektlosen Gesichtsausdruck. Der Gepeinigte muss sehr reich sein,
trägt aber einen uralten und ganz gewöhnlichen gestrickten Pullover, in welchem
sich mitten auf seiner Brust ein grosses Loch befindet. Ich mache meine Gattin,
die bei mir keine solche Verwahrlosung dulden würde, darauf aufmerksam. Jetzt
ist es aber genug! Einer der anderen Hotelgäste, die im Klubzimmer sitzen und
sich sehr diskret verhalten, steht auf und beschimpft mich. Wir würden ja die
ganze Zeit den berühmten Herrn anstarren! Das gehört sich nicht und ist
offenbar eine grosse Beleidigung. Wir können uns nicht verteidigen und wollen
unseren guten Willen zeigen, indem wir sofort den Raum verlassen. Unser
Vergehen ist aber so gross, dass sich die Engländer nicht beruhigen können.
Zwei Herren stehen auf und kommen mit uns in den Gang hinaus. Einer packt mich
und hält mich fest, der andere holt mit der Hand zu einem Schlag auf meinen
Hintern aus. Do you want to spank me? rufe ich entsetzt aus. Ja, sagen die
Herren, es braucht eine Strafe. Ich wehre mich, drehe mich weg und sage, ich
würde die Polizei rufen, sie hätten kein Recht, mich festzuhalten und zu
bestrafen. Das beeindruckt aber nicht. Es scheint, als würde es in den hohen
Sphären, in die wir geraten sind, besondere Gesetze geben, nach denen ich nun
bestraft werden muss.
Freitag, 15. April 2016
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