Sonntag, 24. Mai 2009

Wir übernachten für eine Nacht im Haus der Schwester in N****, wir hüten das Haus, weil sie in die Ferien gefahren ist. Wir wollen am nächsten Morgen aber auch selber in die Ferien fahren. Im Dorf gibt es eine unruhige Nacht, es ist eine Art Fest, gleichzeitig aber auch Demonstration. Wir hören das Geschrei von Skinheads und Rechtsextremisten, schlafen endlich ein, werden aber wieder geweckt. Jetzt hat es überall Polizei und auch Truppen, alles wird grossräumig abgesperrt, es findet eine Razzia statt, die auch unser Haus erfasst, lächerlicherweise, wir haben ja nichts zu verbergen und sind nur zufällig hier. Oder etwa nicht, gibt es einen Verdacht auch gegen uns? Wir sehen, wie Mobiliar weggetragen wird, was uns noch nicht aus der Ruhe zu bringen vermag, schlimmer ist, dass jetzt auch unser Feriengepäck weggetragen wird, darunter ein Bügelbrett, das unsere Gattin eigens in die Ferien mitgenommen hat. Sie schläft zunächst, steht aber dann auch auf und verhält sich angesichts dieser Umstände bemerkenswert ruhig. Ich gehe mit den Polizisten durch das Haus und sehe ihnen spöttisch zu, sie öffnen Tür um Tür in dem sehr weitläufigen Haus und kommen so plötzlich auch zu einer Tür, die in einen Saal führt, gross wie eine Turnhalle. An den Wänden hängen zahllose schwarze und rote Fahnen, drohende Embleme, prächtige Standarten und auch schimmernde Waffen, Gewehre, Abzeichen, Ehrenurkunden, alles dicht gedrängt. Es ist ein geheimer Versammlungsraum von Neonazis. Jetzt wird der Zweck der Polizeiaktion langsam verständlich, ich gehe zur Gattin und erzähle ihr von dieser Entdeckung, sie ist aber nicht überrascht. Sie hat es gewusst, dass es einen solchen Saal gab, sie scheint sogar auf irgendeine Art mit diesen Leuten verbunden. Ich will nun aber energisch unseren Standpunkt vertreten und einen schriftlichen Untersuchungsbefehl sehen und Quittungen erhalten für die abtransportierten Sachen. Ich frage nach dem Kommandanten, er kommt, nach längerem Warten, ein seltsamer Herr, ein Zwitter, halb Frau, halb Mann, der kein Wort spricht, sondern mich nur mürrisch mustert. Ich stelle mich vor, G***, sage ich. Er scheint es nicht zu verstehen, ich wiederhole es und erkläre, dass dies ein Appenzeller Familienname sei, wie wenn das unsere Unschuld unterstreichen könnte. G*** also würden wir heissen, und wir seien nur für eine Nacht hier, wir hätten nur das Haus gehütet und würden nun eigentlich gerne in die Ferien fahren, aber unsere Sachen würden ja gerade verladen. Wir sehen das im Hintergrund, ein ganzer Lastwagen ist schon vollgepackt, der Kommandant sieht uns an, vielsagend, mit einem kaum merklichen bösen Lächeln. Er ist beleidigt, dass wir ihn für so dumm halten, dass wir ihm diese Geschichte auftischen, und ärgerlich, dass wir ihn hergerufen und seine Zeit in Anspruch genommen haben. Er brummt etwas, das wir nicht recht verstehen, es scheint, dass er uns für einen gefährlichen Drahtzieher hält, und dass eben gerade der Umstand, dass wir nur eine Nacht hier sind, unsere Schuld beweist. Er wendet sich rasch ab und geht weiter, umringt von Untersuchungsbeamten und Kommissaren, seiner Arbeit nach.

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