Dienstag, 30. September 2008
Später sind wir in einer grossen kalten Stadt, einer Art Zürich, einer merkwürdigen Mischung aus Alt und Neu, Hypermodernes steht neben alter klobiger Staats- und Bankenarchitektur. Es ist dunkel, der Strom ist ausgefallen, dubiose gefährliche Gestalten schleichen herum, wir haben Angst, finden aber dann einen Weg, der uns wieder zu belebten und erleuchteten Zonen führt, zu einem kleinen Markt, wo wir eine Auseinandersetzung um verfaulte Pflaumen sehen. Die Früchte liegen zum Verkauf bereit auf den Gestellen, sind aber natürlich unverkäuflich, es gibt Streit, einer wird fristlos entlassen, wir bekommen nicht mit, wer es ist, derjenige, der sie noch immer verkaufen will oder der Lieferant.
Donnerstag, 25. September 2008
Wir sind auf einer weiten Reise, auf einer Rückfahrt in die Schweiz, in einem klapprigen alten Zug fahren wir dahin, mit der Familie, durch weite Täler und Ebenen, durch Norditalien, Oesterreich. Es ist nicht ganz klar, welche Route wir nehmen, wir denken schon, dass wir ganz falsch fahren, sehen dann aber auf der Karte nach und finden, dass es sehr wohl möglich ist, diesen Weg zu nehmen. Der Zug fährt langsam dahin, bergauf, bergab, durch Tunnels, einmal steige ich aus, sage, ich würde gerne einen Teil des Weges zu Fuss machen, es gebe hier ja eine Abkürzung, wir würden uns dann bei der nächsten Station wieder treffen. Aber es stellt sich heraus, dass die Wanderung nicht so einfach ist, es geht zunächst steil bergauf, zwei Stunden lang, so sehen wir, und wissen, dass der Zug für die fünfzig Kilometer bis zur nächsten Station, wo wir wieder einsteigen wollten, höchstens eine Stunde benötigen wird. Wir gelangen auf ein Hochplateau, zu einem Kurort, mitten in wunderbaren Schneebergen. Ein weisser Riese beeindruckt uns ganz besonders, wir würden gerne seinen Namen wissen, suchen daher nach einer Orientierungstafel, finden aber keine, es gibt aber Geschäfte, auch einen Coop, wie wir beruhigt feststellen, denn wir sind durstig und sollten dringend trinken. Zur nächsten Station ist es aber wie gesagt noch immer gegen fünfzig Kilometer, wir haben etwas ganz Dummes gemacht, wir werden diesen Zug nicht mehr erreichen, auch wenn wir jetzt ein Taxi nehmen und ungeachtet der Kosten den Weg mit dem Taxi fahren wollen. Zu Fuss geht das ja ohnehin nicht, wie wollen wir denn fünfzig Kilometer zu Fuss laufen.
Mittwoch, 17. September 2008
Wir sind wieder unterwegs, dieses Mal mit der Gattin, in einer schäbigen Rotlichtzone, ausserhalb der Stadt, zwischen Hallen, Fabriken, Mauern. Die billigen Etablissement machen mit grellen Neonreklamen auf sich aufmerksam, in den Eingängen stehen die Liebesdienerinnen. Auch hinter uns gehen zwei Damen. Sie tragen einen Farbtopf mit sich und markieren unser Hemd mit einem roten Pinselstrich. Es handelt sich um Damen von einer Wohltätigkeitsorganisation, welche die Freier durch Markierungen abschrecken wollen. Wir werden böse, erklären, dass wir kein Freier seien, sondern mit unserer Gattin unterwegs sind. Wir erkühnen uns und verlangen Schadenersatz. Die Damen bekommen es mit der Angst zu tun und verziehen sich schnell, als wir ihre Visitenkarte verlangen. Wir überlegen uns, ob wir nun nicht das ganze Hemd mit diesen roten Strichen versehen sollten, es sieht nämlich ganz elegant aus.
Dienstag, 16. September 2008
Wir sind in der Ferien, in einer abgelegenen Gegend, die nur mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werden kann, ein grosser Traktor mit Anhänger führt uns und andere Reisende mit viel Gepäck zur nächsten Unterkunft. Wir müssen einen hohen Bahndamm überqueren, es geht steil hinauf und nachher fast senkrecht hinunter, es gibt grosses Geschrei, wir sitzen auf den hinteren Sitzen des Traktors und können uns dort an starken Stangen festhalten, auf denen ein Verdeck aufgespannt werden kann, wir also können uns festhalten, uns geht es soweit ganz gut, aber die Leute auf dem Anhänger purzeln alle mitsamt ihren schweren Koffern von der Ladefläche, auf der sie keinen Halt finden, sie verunfallen alle und werden in einem grossen Haufen zwischen Zugfahrzeug und Anhänger eingeklemmt.
Freitag, 12. September 2008
Wir sind, für eine Nacht, eine Art von Abwart oder Aufseher im riesigen Gebäudekomplex des Berner Münsters. Es gibt sowohl unterirdisch wie oberirdisch mehrere grosse Kirchenschiffe und Versammlungsräume, in denen man offensichtlich auch übernachten kann. Jedenfalls gibt es ein paar etwas verdächtige Leute, die es sich bequem machen für die Nacht. Irgendwann sollten wir nun eigentlich die Türen schliessen, es gibt aber sehr viele Türen, und es sind uns längst nicht alle bekannt. Wir sind mit unserer Frau da, und verlassen sie für einen Moment, um nach oben zu steigen und an die frische Luft zu gehen. Wir sind erstaunt über den Anblick, der sich uns bietet. Drei Kirchen sind miteinander verschachtelt, drei Doppeltürme steigen gegen den Himmel, jedes Paar aus einer anderen Epoche. In der Mitte stehen gotische Türme in unglaublich filigraner, durchsichtiger Bauweise. Bei der Rückkehr in die Tiefen der Gewölbe und Krypten suchen wir, um für die Nacht vorbereitet zu sein, auch gleich die Toiletten. Es hat in der Tat Toiletten, nicht weit von unserem Schlafplatz, es sind moderne und originell beschriftete Örtchen. Bei Wasserlassen kommt eine zerlumpte Gestalt in den Raum. "Schläft ihr jetzt hier wegen uns?" fragt er mich.
Montag, 8. September 2008
Wir befinden uns in einer Skistation, in einem Klassenlager, es hat zu wenig Betten, wir schlafen zusammen mit vielen anderen Gästen in einem grossen Raum, es ist der Raum, in dem die Fahrgäste mit der Bergbahn ankommen. Wir verstehen uns nicht gut mit unserem Lehrer, haben bei ihm immer schlechte Noten, verstehen gar nicht, was er meint, verstehen insbesondere ein Zeichen nicht, das er überall in unsere Hefte setzt, ein kleines rundes u. Einmal kommen wir mit ihm ins Gespräch, wir fragen ihn, was er von unserer Klasse hält, er lächelt verlegen und erklärt, diese Klasse sei schon etwas Spezielles, vor allem diese Farbenbrüder, die Burschen von der Vito. Wir wissen aber nicht, was er damit meint. Am Abend entsteht grosse Unruhe im Schlafraum, es kommen neue Gäste an, Deutsche, die miteinander in einen schwere Streit geraten, einer der Kämpfenden, ein sehr grosser und starker Kerl, findet ein Beil und schlägt nun mit diesem Beil auf seine Gegner ein, er rennt ihnen nach und trifft sie immer wieder, so dass es nach kurzer Zeit im ganzen Raum Blutspritzer und Blutlachen gibt. Manche versuchen, ihm das Beil wegzunehmen, das gelingt auch zeitweise, das Beil gerät so auch in unsere Hände, und wir besudeln unsere Kleider mit Blut, geben es rasch weiter, der Wütende findet es aber immer wieder und schlägt erneut los. Endlich tritt Ruhe ein, wir brechen auf und wollen die Polizei holen, die unten im Tal einen Posten hat, der vielleicht besetzt ist. Wir müssen über einen riesigen, vollkommen leeren Platz gehen, tragen dabei das Beil als Beweisstück und haben Angst, dass es der Übeltäter wieder suchen wird, um neue Untaten zu begehen. Sogar eine kleines Stäubchen ängstigt uns, das uns, vom Winde getrieben, verfolgt. Das Böse ruht nicht, denken wir, auch ein junges Mädchen läuft uns nach, will etwas von uns, es ist aber nicht sicher, ob nicht auch von diesem Mädchen Gefahren ausgehen, die Welt ist jedenfalls schwierig, unverständlich, gefährlich, und wir haben einen Kinderverstand und eine Kinderpsyche.
Samstag, 6. September 2008
Wir sind in einen Ringerklub eingetreten und haben für den ersten Kampf einen Gegner zugelost erhalten. Man sagt uns, es sei ein sehr starker, aber fairer Ringer, der uns gewiss nichts zuleide tun werde. Wir haben keinerlei Erfahrung im Ringen und sitzen ziemlich beunruhigt in der Umkleidekabine. Da erscheint der Gegner, ein kleiner, gedrungener, schweigsamer Mann von südländischem Typus, den wir wegen seines weiblichen Aussehens zuerst für eine Frau halten. Er zieht sich um, und die Klubmitlgieder erklären mir die Kampfregeln, es gibt, ähnlich wie im Schach, eine Führungsliste mit Punktzahlen, wobei jeder Kampf gewertet wird. Im Unterschied zum Schach aber, so sagt man uns, zählen nicht nur Sieg und Niederlage, sondern auch die Zeit, in welcher gesiegt oder verloren wird. Unser Gegner hat also ein Interesse, uns möglichst schnell auf den Rücken zu werfen, und man zweifelt nicht daran, dass er dies in wenigen Sekunden tun wird. Eine so günstige Gelegenheit zur Verbesserung seiner Führungszahl bietet sich ihm nicht so schnell wieder. Wir sind ziemlich ratlos und hoffen, nicht verletzt zu werden. Man verletzt sich doch häufig beim Ringen, das wissen wir, wir haben ja darüber ein Buch von Irving gelesen.
Donnerstag, 4. September 2008
Wir möchten, in unserem Alter, wieder Leichtathletik betreiben und treten deshalb einem bekannten Klub bei. Ausgerüstet mit neuen Sportschuhen begeben wir uns wie in alten Zeiten ins Training. Auf dem Gelände des Vereins sieht uns zufällig der stets sehr sportliche N., Direktor des Bundesamtes für Verkehr. Er grüsst uns nachlässig und leicht belustigt. Wir packen unsere Sportschuhe aus, die wir gekauft haben und die für das Training auf der Bahn nötig sind. Sie scheinen uns auf den ersten Blick nicht recht zu passen, sie sind zu gross und zu weich, die Sohlen sind flach und haben keine Nägel. Wir sollten nun eingeteilt werden, in eine der Stärkeklassen. Wir ahnen, dass es die unterste Stärkeklasse sein wird. Bevor es aber zur Einteilung kommt, werden wir weggerufen, ziemlich barsch und mit einigem Nachdruck führen uns die Vereinsverantwortlichen zu ein paar ernsten, vierschrötigen Gestalten, die dringend mit uns zu sprechen wünschen. Es sind Mitglieder des Schachklubs Muotathal, die einen Vorfall bereden wollen, der sich im vergangenen Jahr abgespielt hat. Sie scheinen sehr besorgt zu sein, zwei von ihnen tragen Maschinenpistolen. Wir sind erstaunt und beunruhigt, erklären uns aber gerne zu einem Gespräch bereit. Die Waffen hätten wohl nichts mit dem Gespräch zu tun, sagen wir, beim Weggehen, worauf man das bestätigt, mit einem uns allerdings keineswegs beruhigenden Lachen. Wir setzen uns auf Bänke, und man beginnt, umständlich über ein Spiel der Schweizer Mannschaftsmeisterschaft zu diskutieren, bei welchem es um den Abstieg in eine untere Liga gegangen war. Es war dabei nach Ansicht der Muotathaler zu Unregelmässigkeiten gekommen. Wir erklären, dass wir leider keinerlei Auskünfte geben könnten, wir würden nicht zum Kader dieser Mannschaft gehören und hätten an diesem Match nur ausnahmsweise und als Ersatz teilgenommen. Wir seien gleich nach Beendigung der Partie abgereist. Wir sagen das und fühlen dabei die grosse Erleichterung desjenigen, der sich problemlos aus einer unangenehmen Affäre ziehen kann.
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