Sonntag, 22. Juni 2025

 

Grössere Stadt in Osteuropa. Ich nehme teil an einem internationalen Seminar, an dem ich auch einen Vortrag halten soll. Die Vorträge werden öffentlich gehalten, anlässlich einer Veranstaltung, die im Stadtzentrum auf einem grossen Platz stattfindet. Eine Bühne ist aufgebaut worden, auf der sich die Redner und zahlreiche Gäste versammeln. Auf dem Platz befinden sich die interessierten Teilnehmer, aber auch viele Passanten, die hin und her laufen. Ich bin der erste Redner und werde jetzt auch sehr freundlich eingeladen, die Konferenz zu eröffnen. Das lehne ich aber ab, denn diese Ehre kommt doch einem bekannten Politiker zu, der jetzt das Mikophon erhält und einige Worte an das unruhige Publikum richtet. Ich habe mich lange auf meine Rede vorbereitet, jetzt aber nicht alle Unterlagen bei mir, vor allem nicht die englische Fassung. In den Händen habe ich nur unbrauchbare Notizen, und die vorbereiteten Grafiken sind verschwunden. Grafiken könnten im übrigen auch nicht gezeigt werden, es fehlt an der erforderlichen Infrastruktur. Es fehlt überhaupt an vielem. Es gibt kein Rednerpult, die Vortragenden müssen ohne Unterlagen frei reden. Es entsteht eine längere Pause, viele Leute gehen wieder weg, zu einem Einkaufszentrum am anderen Ende des Platzes, wo offenbar eine andere, interessantere Veranstaltung stattfindet. Jetzt wird für die Redner ein Tisch herbeigetragen, sogar ein Tischtuch wird ausgebreitet. Ich bin verunsichert und habe so gut wie alles vergessen, das ich vortragen wollte. Es ging, gemäss dem Tagungsthema, irgendwie um Information und Informationsverarbeitung. Ein Amerikaner spricht mich an, fragt mich nach dem Thema meines Vortrages. Ich gerate in grosse Verlegenheit und sage, es gehe um «truth», spreche das Wort allerdings so ungeschickt aus, dass er mich korrigieren muss und mir erklärt, wie man das «th» ausprechen muss, mit der Zunge zwischen den Zähnen. Jetzt erinnere ich mich, dass mein Referat mit einem kleinen Ereignis beginnt, das in Keskemet stattfand, danach aber weltweite Folgen hatte. Was es für ein Ereignis war und welche Folgen es hatte, weiss ich aber jetzt nicht mehr! Der Beginn der Referate verzögert sich weiter, man schwatzt, und es stehen nur noch wenige Menschen vor unserer grossen Bühne. Wir haben schon 45 Minuten Verspätung, was allerdings niemanden verwundert. Dies sei bei solchen europäischen Treffen üblich, sagen einige. Jetzt versucht jemand, die Leute wieder zusammenzubringen. Er ruft: The conference begins! Könnte man mein Referat nicht einfach ausfallen lassen und erklären, es sei später auf der Website zu finden? Auch ein anderer Referent ist in grosser Verlegenheit. Er sucht einen wichtigen Text, ein «Rezept», über welches an dieser Tagung gesprochen werden sollte. Ob ich vielleicht diesen Text hätte? Ja, sage ich, aber leider zuhause, im Büro, auf dem PC. Bei alledem herrscht keine Aufregung, niemand erwartet unsere Vorträge, und alle wären froh, wenn die Veranstaltung schnell über die Bühne gehen könnte. Die Chancen, dass man auf meinen Beitrag verzichtet, stehen gut. Ich könnte nur dummes Zeug sagen und Banalitäten vortragen, und dies erst noch in einem fehlerhaften Englisch.

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