Mittwoch, 27. Januar 2021

Eine Opernaufführung steht bevor, ich habe schon Platz genommen, mehr als eine Stunde vor Beginn der Vorstellung. Das Theater hat eine ganz absurde Bestuhlung. Unten, im Parkett, stehen grosse Ledersessel in lockerer Anordnung, wie in einer Lounge, manche von der Bühne abgewendet. Ich sitze bereits auf meinen Platz in einer hohen senkrechten Wand, in welcher viele Sitzreihen angebracht sind. Man sitzt so, ohne jede Abschrankung, ohne Haltegriffe, bis zu zwanzig Meter über dem Parterre. Die Füsse baumeln im Leeren, die Absturzgefahr ist gross. Es ist auch nicht zu sehen, wie man zu diesen Sitzen gelangt und wieder von ihnen hinabsteigen kann. Vor mir sitzen bereits Leute, und ich kann mich kaum bewegen. Sie gehen glücklicherweise nochmals weg und steigen wie Bergsteiger die Wand hinunter. Wenn man beweglich ist und sich an den Sitzen festhält, geht das ganz gut. Auch ich steige hinab, erleichtert und mit dem Vorsatz, mich um einen anderen Platz zu bemühen oder die Vorstellung nicht zu besuchen. Direkt unterhalb der Wand befinden sich weiter Sitzreihen mit bequemen Sesseln. Die hier Sitzenden sind aber, so will mir scheinen, gefährdet durch mögliche Abstürze von einem oder mehreren Zuschauern, die leicht den Halt verlieren könnten. Ich möchte zurück in mein Hotel, treffe aber meine Gattin, die mit mir essen gehen will. Es hat ein grosses, teures Restaurant, in welchem die Reichen vor dem Opernvergnügen noch speisen, daneben aber auch ein einfacheres, das für Leute mit kleinerem Budget Mahlzeiten anbietet. Damit man schnell essen kann, stehen die Vorspeisen bereits auf den Tischen. Wir hätten gerne einen Tisch an einer Seitenwand, dort ist jedoch alles besetzt. Eine Kellnerin weist uns darauf hin, dass ein Paar wieder aufsteht und weggeht, ohne etwas konsumiert zu haben. Auch die Vorspeise, irgendeine Mousse in einem Cocktailglas, steht noch unberührt dort. Wir setzen uns an diesen Tisch.

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