Montag, 20. Juni 2016

Wir sind zu Besuch, bei einem hohen Kirchenmann. Er lebt zurückgezogen in einer Kleinstadt in Bayern und hat uns zu seiner Schwester geführt, die uns freundlich aufnimmt, in einem modernen Einfamilienhaus am Stadtrand. Wir haben sofort guten Kontakt, es wird gescherzt und gelacht. Es ist nämlich ein „Wunder“ geschehen! Wir hatten eine Kirche besucht und dort ein Altartuch gestreift, das verrutschte und neu befestigt werden musste. Es war aber angeklebt gewesen und liess sich nun nicht mehr so ohne weiteres befestigen. Wir versuchten allerlei und hatten am Ende Erfolg, das Altartuch war wieder an der alten Stelle. Das wurde beobachtet, weitererzählt, ausgeschmückt, von der Presse aufgenommen und schliesslich so entstellt, dass von einem wirklichen Wunder die Rede war. Die bayrische Kirche liess dies geschehen, und auch der Kardinal und Professor, bei dem wir zu Besuch sind, will den Leuten ihr Wunder lassen, er lacht darüber, will aber nicht dagegen Stellung nehmen. Wenn er demnächst in Wien sei, werde er mal sehen, ob er wieder einmal einen Termin bekomme beim Papst, sagt er. Wir wissen, dass er ein enger Vertrauter des Papstes ist und witzeln weiter. Ist der Papst nicht vielleicht im Nebenzimmer, fragen wir.

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