Ich
werde hingerichtet, in einer Gaskammer, die aus einer Kabine einer Stadtbahn
besteht, in welcher normalerweise Touristen durch die Stadt schweben können.
Ich erhalte noch eine Beruhigungsspritze, verspüre aber keinerlei Auswirkungen.
Die Kabine fährt los, und von aussen wirft eine Assistentin die
Zyankalikügelchen in einen Behälter, aus dem nun graues Gas gegen die Decke
strömt. Ich verspüre nichts. Bei einer nächsten Station steigen sogar einige
Menschen in unsere Kabine, die glauben, es gebe hier freie Plätze. Wir erklären
ihnen aber, dass eine Hinrichtung stattfinde, worauf sie entsetzt wieder
aussteigen. Ich selber steige am Ende auch aus, nicht hingerichtet, begebe mich
aber brav zurück zum Verwaltungszentrum der Strafvollzugsbehören. Dort hat man
mich bereits verzweifelt gesucht und ist böse auch mich, dass ich nicht früher
erschienen bin. Jetzt ist es nämlich bereits 17.30 Uhr, und die Beamten sind
dabei, nach Hause zu gehen. Mit von der Partie sind jetzt auch ehemalige
Arbeitskollegen, die schallend lachen, als sie meine Geschichte hören. Damit
könnte man sehr wohl an die Presse gelangen, das gäbe einen Riesenskandal,
meinen sie. Auch die Assistentin, die die Kugeln eingeworfen hat, ist wieder da
und führt mich durch die Gänge. Ob das nicht wahnsinnig absurd sei, will ein
Arbeitskollege wissen. Nein, sage ich, es ist nicht absurd, es entspricht ganz
meinem bisherigen Leben. Man ruft von hinten, ich solle mich gefälligst
beeilen, worauf ich extra langsam gehe, mit ganz kleinen Schritten. Wenn jetzt
noch weiter Dummes geschieht, sage ich zur Assistentin, so gehe ich an die
Presse. Ich bin aber ein bisschen besorgt, denn wenn jetzt Feierabend machen
wollen, so könnten sie vielleicht auf die Idee kommen, mich zu erhängen oder zu
erschiessen, was einfacher wäre als eine erneute Bahnfahrt.
Sonntag, 1. November 2015
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