Ich
befinde auf einer hohen Autobahnbrücke, einer Terrasse für Fussgänger, die zu
einem Gebäudekomplex gehört, und bin daran, einen Terrorakt auszuführen. Ich
habe eine schwere Platte aus der Verankerung gelöst und will sie hinunter in
den dichten Verkehr stürzen lassen. Sie bleibt aber in den Drähten des
Eisenbetons hängen und schwebt und schwankt in der Luft. Es wird Alarm
ausgelöst, nach einigen Minuten erscheinen Soldaten in Kampfanzügen, die mich
abführen, in eines der grossen Gebäude. Es ist klar, dass mein Fall eine
Ungeheuerlichkeit darstellt, die schwere Konsequenzen haben wird. Ich werde
aber entsprechend unseren modernen Strafverfahren sehr human behandelt und
komme zunächst in ein Fitness-Center, wo ein Therapeut mit mir
Entspannungsübungen macht, ganz
einfache, chinesische Übungen, die mich beruhigen sollen. Dann erscheint ein
nervöser, ärgerlicher Staatsanwalt, der meinen Fall hat übernehmen müssen. Es
ist klar, dass es eine Staatsaffäre ist, die grosse Dimensionen annehmen wird.
Eigentlich ist alles noch glimpflich abgelaufen und niemand zu schaden
gekommen, und die Kosten für die Beseitigung der herausgelösten Platte werden
sich in Grenzen halten. Der eigentliche Skandal liegt aber darin, dass ein ganz
normaler, unscheinbarer, durchaus geschätzter Staatsbeamter in hoher Position
einen so schrecklichen und unbegreiflichen Anschlag hat begehen können. Man
wird hier Parallelen ziehen zu ähnlichen Fällen im Ausland, in den USA und in
Norwegen. Mein Fall findet auch sofort grosse Beachtung, ein hochrangiger
Parlamentarier erscheint, ein ehemaliger Ratspräsident, der sich zu mir setzt,
mich ansieht, aber nichts zu sagen weiss. Er rückt näher zu mir heran, ich
spüre plötzlich seine Zunge in meinem Mund und ziehe mich angewidert zurück.
Ich befinde mich in einem grossen, offenbar gut gesicherten Komplex von Räumen,
Sälen und Innenhöfen in welchem ich mich frei und unbegleitet bewegen kann. Alles
ist in einem orientalisierendem Stil gebaut, etwas billig und vulgär. Ich sehe
auch eine Art Kamel, ein sehr schönes weisses Tier, das von einem Herrn am
Zügel geführt wird und sich sehr elegant und federnd bewegt, so gleichmässig,
dass sich vielleicht um einen sehr raffinierten
Roboter handeln könnte. Es finden Versammlungen statt und Seminare von
hohen Kadern aus Wirtschaft und Staat. Ich will nicht auffallen und sitze
bescheiden in einer Ecke. Eine Gruppe wird von einem Trainer angeleitet, sie
macht Kniefälle und bewegt sich, unter immer neuen Kniefällen, auf uns zu.
Meine Lage ist unangenehm, bedrückend und äusserst peinlich. Wie soll es
weitergehen, wie wird man meine Tat bewerten? Welche geheimen Pläne verfolgte
er, als er diese Platte herauslöste, das wird die Hauptfrage sein, die man
abzuklären versuchen wird. Ich habe keinen Zugang zu den Medien, nehme aber an,
dass überall nur von mir gesprochen wird. Wird man mich zu einer
Freiheitsstrafe verurteilen? Wird man Therapien anordnen? Sicher werde ich
nicht mehr an meinen Arbeitsort zurückgekehren können. Aber ob man mir den Lohn
noch bezahlen wird? Und was wird mit meiner Rente geschehen, die ich ja bereits
in vier Monaten beziehen könnte? Warum habe ich nur diese Tat begangen, vier
Monate vor meiner Pensionierung? Ich kann es selber nicht erklären. Und jetzt
fällt ja auch noch eine wichtige Abmachung ins Wasser, ich hätte ja heute
Sachmet treffen sollen, Sachmet, die ich lange nicht mehr gesehen habe! Und ich
kann sie nicht einmal benachrichtigen. Immerhin fallen mir Worte für die Absage
ein, ich hätte ihr schreiben können, dass unser Rendez-vous aus aktuellem Anlass wegfällt. Und was
ist mit meiner Familie? Was werden meine armen Eltern denken, wie werden sie
sich schämen müssen, sie, die immer so stolz auch mich waren. Ich warte nun,
einigermassen gelassen, auf weitere Massnahmen. Es geschieht aber nichts. Hat
man mich etwa schon vergessen? Ist vielleicht alles gar nicht so schlimm?
Vielleicht gab es ja nur kurze Meldungen auf den hinteren Seiten der Zeitungen
oder überhaupt keine.
Samstag, 30. März 2013
Donnerstag, 28. März 2013
Wir
befinden uns am Rande einer vielspurigen Ausfallstrasse einer riesigen Stadt.
Ich bin mit meinem kleinen Bruder unterwegs, mit einem Mietauto, wir haben auf
einem breiten Streifen Brachland angehalten, sollten aber eigentlich
schnellstens zu einem in der Nähe liegenden grossen Konferenzhotel fahren, um
dort unser Zimmer zu räumen und sodann zurückfahren zu unserer Familie, die
irgendwo am anderen Ende der Stadt auf den Abflug in die Heimat wartet. Wir
haben angehalten, um uns zu orientieren. Es ist schon Abend, und am
Strassenrand versammeln sich Huren. Sie ärgern sich masslos über uns, weisen
uns weg, und eine von ihnen sprayt jetzt sogar Reizgas in unser Auto. Ich halte
den Atem an und springe aus dem Auto, der Bruder allerdings wird verletzt und
schreit. Wir beide rennen der Strasse entlang weg, nicht in der Richtung, in
der das Hotel liegt, sondern in die andere Richtung, aus der die Autos
heranbrausen. Jetzt sollten wir aber keine Zeit mehr verlieren! Ich möchte so
schnell wie möglich zurück ins Hotel, um die Koffer zu holen und das Zimmer
abzugeben. Ich denke, dass ich dann im Hotel einen neuen Mietwagen übernehmen
könnte. Ich lasse den Bruder am Strassenrand zurück, bei einer kleinen Bar und
einem grossen Zaun, den ich mir leicht merken kann, wenn ich mit dem Auto
wieder vorbeikomme. Wie das allerdings gehen soll, ist nicht ganz klar, denn
die Autos hier fahren ja auf mehreren Spuren stadtauswärts, ich aber müsste in
die Stadt zurück, müsste also zweimal irgendwo wenden können, was gewiss nur
über einen grossen Kreisel oder Knotenpunkt möglich sein wird. Ich kehre also
zurück zum Auto und zum Hotel. Dort gibt es aber weiterhin Streit und Unruhe.
Ein aufgebrachter junger Mann versprüht jetzt ebenfalls Tränengas, aber mit
einem dicken Rohr, das Unmengen eines flüssigen Gases verspritzt. Er trifft
mich voll, ich werde total durchnässt, das Gas aber selber reizt mich nicht,
ich bleibe sonderbarerweise unverletzt. Ich komme zum Hotel und sehe, wie dort
auch der Täter erscheint. Er ist Hotelportier und zieht wieder seine Uniform
an. Ich aber erkenne ihn und rufe: Verhaftet ihn! Er wird tatsächlich von
Hotelangestellten gepackt und abgeführt. Damit sind aber meine Schwierigkeiten
noch längst nicht beseitigt. Ich besuche zunächst eine Toilette, die aber sehr
kompliziert ist, kaum zu verstehen. Sie ist eigentlich ein Duschraum, an der
Decke sind Duschen befestigt, aus denen Wasser tropft und spritzt, das die
Besucher durchnässt. Es stellt sich heraus, dass wir unser Gepäck eigentlich
auf zwei Zimmer verteilt haben, ein erstes Zimmer gefiel uns nämlich nicht, wir
haben es aufgegeben, aber dort noch Sachen zurückgelassen. Jetzt sollten wir
also in zwei Zimmer rennen, haben aber nur noch einen Zimmerschlüssel und die
Zimmernummer des ersten Zimmers vergessen. Auf dem Weg zum zweiten Zimmer
kommen wir durch einen riesigen Innenhof, in welchem die Teilnehmer eines Kongresses
durch viele Buffets und Küchen verpflegt werden. Man hält mich auf, bietet mir
Fleischstücke an und will, dass ich auch esse. Ich eile aber weiter, durch
Gänge und Stockwerke, finde aber das Zimmer nicht. Ich gelange in den alten
Teil des Hotels, der grosse schwere mehrteilige Türen aufweist, die sich nach
allen Richtungen automatisch und unkontrolliert öffnen und den Durchgang
gefährlich machen. Ein Hoteldiener rettet mich und führt mich sicher zur
Reception zurück. Die Lage ist hoffnungslos, es ist nicht zu sehen, wie ich in
zum Gepäck und zu einem Wagen komme. Das beste wäre, noch eine Nacht zu bleiben
und alles in aller Ruhe abzuklären. Aber wie soll das gehen, wenn mein kleiner
Bruder draussen am Strassenrand wartet. Wartet es überhaupt noch, oder ist er
wohl schon auf eigene Faust losgezogen. Wie kann er seine Eltern finden, in der
Riesenstadt, bei Nacht? Und sind die Eltern nicht inzwischen bereits
abgeflogen? Nichts geht mehr.
Samstag, 23. März 2013
Studienabschluss,
die Lizentiatsexamen haben begonnen, auch unsere Examen stehen unmittelbar
bevor. Überall wird verzweifelt gebüffelt. Man eilt durch die Gänge, wir sehen
beeindruckende Gestalten, junge Assistenten, Doktoranden mit grossen
interessanten Geistesköpfen. Wir allerdings sind in keiner Weise bereit. Wir
haben uns in den vergangenen vier Jahren wenig um das Studium gekümmert und in
den ersten zwei Jahren rein gar nichts gemacht. Wir haben die Bücher gelesen,
die uns interessierten und nun nicht die geringste Ahnung von den
Prüfungsstoffen. Und die Lizentiatsarbeit sollte ja auch noch fertig gestellt
werden. Dazu gibt es nur erste handschriftliche Notizen, viele Blätter, die man
bearbeiten und mit Schreibmaschine ins Reine schreiben müsste. Dazu wären
Wochen nötig. Es gibt keine andere Lösung, als die Prüfungen zu verschieben,
was aber kaum möglich sein dürfte, weil die Studiendauer auf vier Jahre
beschränkt ist. Wir hoffen, dass man bei uns eine Ausnahme macht, weil wir
nachweisen können, dass wir in den ersten zwei Jahren zu hundert Prozent
berufstätig gewesen sind und gar nicht studiert haben. Dass wir im vergangenen
Jahr so nebenbei rund tausend Seiten Literatur produziert haben, können wir
natürlich nicht sagen. Wir sehen aber jetzt mit einigem Schrecken, wie falsch
wir unsere Zeit genutzt haben. Mit einem kleinen Teil des Aufwandes, den wir
für unsere Obession betrieben haben, hätten wir doch problemlos eine
Lizentiatsarbeit schreiben können.
Freitag, 22. März 2013
Und
ein noch viel dümmerer Traum. – Wir arbeiten in einem grossen Büro, einem hohen
Saal. Man zieht wieder einmal um, Kabel liegen am Boden, Kisten, Möbel stehen
herum. Wir sehen ein dickes Kabel mit einem unförmigen Stecker, der aus unserer
Sicht herausgezogen werden kann. Dieser Anschluss wird nicht mehr benötigt und
verbraucht nur noch Energie, denn der Stecker ist warm. Also heraus damit. Wir
sehen aber jetzt, dass er doch noch zu etwas diente, denn es war der Anschluss
zu einem komischen altmodischen Stuhl, der dem Ministerium für
Landesverteidigung gehört und elektrisch verstellt werden kann. Dieser Stuhl
bewegt sich jetzt, wo der Strom abgestellt worden ist, noch einige Male
unkontrolliert, gewiss ist das ein ganz absurdes Möbelstück ohne jeden Sinn.
Dann aber erscheint der Chef des Informatikdienstes mit einem Mitarbeiter,
beide sind höchst aufgeregt und erzürnt. Wir haben einen zentralen Anschluss
für die Informatiksysteme herausgezogen, und diese Installationen sind nun
irreparabel beschädigt worden. Die beiden sind derart wütend, dass wir
befürchten, geschlagen zu werden. Sie erklären uns jetzt, dass dies eine
schwere Bestrafung absetzen würde. Wir bieten die Kündigung an, eine solche ist
wohl unvermeidlich. Man ist aber damit nicht zufrieden, sondern will uns auch
noch etwas quälen. Man legt uns auf die Tragfläche eines Gabelstaplers und
presst uns dort mit den Eisenträgern fest. Tötet mich nicht, rufen wir, passt
bitte auf. Man klemmt uns also fest und fährt uns hinaus in einen Wald. Was
wird man dort mit uns tun? Wir man uns vielleicht in einer
Abfallverwertungsanlage deponieren?
Mittwoch, 13. März 2013
Später wird im Parlament, es ist dies
ein neuer, modischer Trend, gesungen. Ein Redner hält keine Rede, sondern trägt
ein Lied vor, sich selber mit der Gitarre begleitend. Und gleich springen
andere auf den fahrenden Zug auf, sogar der stellvertretende Direktor will
mithalten. Er muss im Namen des Ratsbüros über einen kleinen Vorfall berichten.
In einer Hotelküche soll eine Angestellte von einem Ratsmitglied geküsst worden
sein, das Büro ist der Frage nachgegangen und unterbreitet jetzt einen Bericht,
den der hohe Beamte in Liedform vorträgt. Wer
hat geküsst, so heisst das Lied.
Samstag, 2. März 2013
Im Stadtzentrum, am Hauptbahnhof, wo wir als
Feuerwehrkommandant Dienst haben, bahnt sich eine Katastrophe an, ein Teil der
Häuser steht schon in Brand, und wir sehen nun, wie parkierte Lastwagen mit
ihren Anhängern in Bewegung geraten. Langsam rollen sie, beladen mit
gefährlichen Gütern, gegen eine Glasfront, Container lösen sich, Fässer rollen
in die Bahnhofanlagen, es wird demnächst weitere grosse Explosionen geben. Man
kann nichts mehr tun, nur wegrennen, nur sich in Sicherheit bringen, auch als
Feuerwehrkommandant muss man fliehen, wir machen uns also aus dem Staub und
rennen sicherheitshalber gleich ziemlich weit, in eine Vorortsgemeinde, von wo
aus wir der Gattin telefonieren wollen, die ja eben in diesem Zentrum noch
arbeitet und jetzt auch schleunigst weggehen sollte, da alles verbrennen wird,
auch unsere Büros, auch mein Büro, in welchem wir auch viele private Sachen
aufbewahrt haben. Wahrscheinlich gehen jetzt auch Teile unseres Werkes verloren,
einige Hefte mit Aufzeichnungen, aber das ist nicht weiter schlimm, denken wir,
denn unser Werk ist gross, und wenn ein Zehntel verloren geht, ist das noch kein
grosses Unglück. Wir wollen also telefonieren, kommen aber nicht dazu, denn es
beginnt auch hier eine Feuerwehrübung, an der wir teilnehmen sollten, von Amtes
wegen. Wir wollen aber nicht als Kommandant auftreten, das könnte man uns sehr
verübeln, wenn man von der Katastrophe in der Stadt hört, sondern als einfacher
Feuerwehrmann. Wir verstecken deshalb unseren Kommandostab, es ist dies ein
langer schwarzer Holzstab, der im Geräteraum eines dieser
Vororts-Einfamilienhäuser kaum Platz findet. Der Stab ist aber glücklicherweise
zusammenlegbar, wir können ihn also unterbringen und nehmen nun an der Übung
teil. Es ist eine schwierige Übung, es hat sich mitten im Dorf ein grosser
Graben aufgetan, eine felsige Schlucht, gewiss zwanzig Meter tief. Man hat hier
früher Abfälle deponiert, und jetzt tut sich alles auf, es stinkt furchtbar,
man wird das gründlich sanieren müssen. Übungshalber steigen die
Feuerwehrmänner auf den Grund der Schlucht, das ist sehr schwierig, die Wände
sind steil und glitschig, aber zwei Kameraden haben das problemlos geschafft. Wir
aber finden nicht den richtigen Weg, versteigen uns in der Wand, können nach
einem letzten Schritt nicht mehr vorwärts, aber auch nicht mehr zurück. Es ist
sehr gefährlich, wir müssen uns festhalten und mit grösster Vorsicht wieder
einen Tritt suchen, was uns am Ende gelingt. Wir machen aber auch hier einen jämmerlichen
Eindruck, wir erfüllen unsere Pflichten nicht, man kann uns nicht brauchen, wir
sind total unfähig.
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