Donnerstag, 29. November 2012

Und wir müssen wieder einmal flüchten. Im obersten Stock eines grossen Hotels wollen uns die Feinde packen. Wir lassen sie nicht an uns herankommen, rennen über ein zweites Treppenhaus hinunter, fünf oder sechs Stockwerke, alles Holz, in leichter, chinesischer Bauweise. Wir gelangen ins Freie, aber wohin sollen wir uns jetzt wenden, die Verfolger werden in ein paar Sekunden auch da sein. Was tun? In eine Strassenbahn steigen, ein Auto anhalten in der höchsten Not, das wäre vielleicht eine Lösung. Den Fahrer bitten, uns irgendwohin mitzunehmen, es spielt keine Rolle wohin. Aber können wir diesen Fahrern trauen, es sind ja alles Chinesen, und vielleicht sind alle Mitarbeiter der Staatssicherheit, die uns sofort ins nächste Gefängnis fahren würden.

Montag, 19. November 2012


Wir arbeiten irgendwo als Handwerker, als Maler oder Schreiner. Wir haben schwere Arbeit und einen Kollegen, der bestens dazu geeignet ist. Er ist sehr gross und bärenstark, gewiss viel kräftiger als wir, ein gutmütiger Mensch, der uns gelten lässt, obwohl wir viel weniger leisten können. Er begeistert sich für das Schwingen. Er gibt als Handwerker Kurse und sagt uns, er hätte eine Riesenfreude gehabt, als sich für einen seiner Kurse der Ueli Rüetschi angemeldet hätte. Wer dieser Ueli Rüetschi ist, wissen wir nicht, und wir wagen auch nicht zu fragen. Wir fragen später unseren Chef, der uns sagt, der Rüetschi sei einer der bekanntesten Schwinger. Später fragen wir den Kollegen schüchtern, ob er eigentlich auch selber schwinge. Ja, natürlich, sagt er lachend, er werde uns gleich einige Schwünge zeigen. Neinnein, sagen wir, das sei nicht nötig, auf keinen Fall, wir würden dabei alle unsere Knochen brechen. Er aber nimmt eine Schnur, schlingt sie geschickt um unseren Leib und zieht uns fort, in einen leeren Raum, der ihm für seine Demonstration geeignet erscheint. Er holt aus zu irgendeinem Schwung, wir aber lösen uns im letzten Moment von der Schnur und bleiben unbehelligt stehen.

Sonntag, 18. November 2012

Gefangenenrevolte in Rumänien, wir sind zu Besuch, in einer grösseren Gruppe logieren wir in einer Scheune unweit des grossen Gefängnisses. Einige von uns wollen das Gefängnis sehen, treten in den Hof, schauen hinauf zu Hauptfassade, die aus einer grossen  Glaswand, besteht, die in eine leichte Schräglage gebracht werden kann, wohl zu Lüftungszwecken. Wir wollen auch sehen, wie das geht, man öffnet, öffnet aber unvorsichtigerweise zu weit, denn durch die Spalten dringen nun grosse Mengen von Gefangenen. Zu Dutzenden springen sie in die Freiheit, viele verschiedene Gestalten, grosse Kerle, aber auch kleine schmächtige Leute, ein bleiches Männchen eilt blutend und mit einer schweren Kopfverletzung an uns vorbei, andere rasen wie von Sinnen in alle Richtungen. Wir haben Angst, es ist gefährlich, man wird sich sicher bald einmal organisieren und bewaffnen, dann sind wir den Sträflingen hilflos ausgeliefert. 

Montag, 12. November 2012

Wir nehmen wir in China an einem Volkskongress teil, eine gewisse Liberalisierung und Öffnung hat stattgefunden, aber Ängste und Befürchtungen sind geblieben. Wir schauen von einer hohen Terrasse hinunter in einen Park, dort geht Deng vorbei, die Kongressteilnehmer drängen sich an der Brüstung und applaudieren frenetisch. Wir denken, dass wir nicht verpflichtet sind, zu klatschen, das ist aber falsch, man schreit uns an, man fleht sogar, dass wir klatschen sollten, es sei gefährlich, nicht zu klatschen, und es sei gefährlich für alle, wenn jemand gesehen werde, der nicht klatsche. Wir klatschen also auch, später stellt sich uns ein Herr Feng vor, er ist aus der Schweiz zu diesem Kongress gekommen, mit zwei schönen Chinesinnen, er ist Funktionär, aufs Äusserste politisiert, die beiden Frauen hingegen langweilen sich und wissen nicht so recht, was sie machen könnten, wir erhoffen einiges für uns, da wir ihre einzige Unterhaltung sind, eine legt Karten, fragt uns, ob sie für uns auch legen solle. Sehr wohl, gerne, sagen wir. Es kommen viele schwarze Karten, eine schwarze Drei, die Frau lächelt, das deute auf grosse Laster hin, ich hätte wohl Laster, ja, sage ich, das sei so, ich sei sehr lasterhaft, beide lachen, vielversprechend, später gehen wir in die Stadt, dort verlieren wir aber die beiden Schönen im Gedränge, viele der Passantinnen sahen gleich aus, was uns verwirrt und uns für einen Augenblick den falschen Damen folgen lässt, jetzt ist die Chance vorbei, wir werden sie nicht mehr finden, denn der Kongress ist riesengross, hat Zehntausende von Teilnehmern.

Sonntag, 4. November 2012

Später sind wir in Amerika, auf einer langen Wanderung und Erkundungsfahrt, durch weite Ebenen, an unbekannten, sehr langen Seen entlang. Es ist dies nicht ganz ungefährlich, es hat Landstreicher oder Indianer, die einen überfallen. Auch wir werden überfallen, Wilde bedrohen uns, mit Pfeil und Bogen, wir müssen uns ausziehen, alles wird uns genommen.

Freitag, 2. November 2012

Wir sind, auf strafbare Weise, in den Besitz von zwei kleinen Paketen mit teuren Briefmarken gekommen. Die Pakete lassen sich gut verstecken, sie sind nur etwa fünf Zentimeter lang und haben das Format einer normalen Briefmarke. Sie enthalten somit vielleicht hundert oder zweihundert einzelne Marken. Wir sind beunruhigt, fürchten, entdeckt zu werden, der Nachbar geht vorbei, sieht uns durch die offene Wohnungstüre, merkt aber nichts, kann auch gar nichts merken. Nichts geschieht, keine Polizei taucht auf. Niemand weiss, dass sich die Pakete in unserem Besitz befinden.