Donnerstag, 3. Februar 2011

Wir sind an einer Veranstaltung des Dienstes, auf dem Lande, in der Ostschweiz, wir nehmen teil an einer Art Seminar. Zunächst präsentiert der Informatikdienst neue revolutionäre Arbeitsmittel. Wir stehen in einer Halle, vorne gibt es keine Projektionsfläche, sondern eine Bühne, auf der eine dreidimensionale Präsentation erfolgt, es sind zunächst Kinder zu sehen, die auf einem Kletterturm spielen, sie steigen hinauf und hinunter, drehen sich auf den Stangen um ihre eigene Achse, alles sehr farbig und sehr schnell und sehr beeindruckend. Die Informatiker sind entsprechend stolz auf diese grossartige neue Methode, sie tun so, als ob hier echte Kinder aufgenommen worden wären, wir aber glauben, dass es Artefakte sind, Trickfiguren, denn so schnell und sicher würden sich wirkliche Kinder nicht bewegen. Die Informatiker sind von unserer Äusserung natürlich nicht begeistert, es geht aber alles gleich weiter, wir müssen nun dislozieren, es geht auf die andere Seite der Hügelkette, ein recht weiter Weg, weil wir mit unseren Autos noch einen Nationalpark umfahren müssen. Ein Mitglied der Geschäftsleitung, das uns den Weg hätte zeigen sollen, ist schon verschwunden, wir müssen ihn nun selber suchen, kommen zu einer Ortschaft, deren Häuser weit verstreut an einem Berghang liegen, dort oben muss irgendwo das Zentrum sein, wo unser Kurs stattfindet, wir wissen aber nicht wo. Glücklicherweise ist der Name, Berglust oder sowas, auf einer zerknitterten alten Karte eingezeichnet, die eine Kollegin mitgenommen hat, wir fahren schmale Strässchen hoch und finden das Haus, ein grosses Bauernhaus, mit einem Versammlungsraum, der wohl auch für die Zusammenkünfte der hier sehr verbreiteten Sekten verwendet wird. Es geht jetzt auch wirklich ganz sektenhaft zu und her, man sitzt herum, sehr viele Leute erscheinen, die nicht zu unserem Dienst gehören, Leute vom Land, Bauern drängen sich, wir haben einen Stuhl gefunden, viele andere nicht. Es ist nicht ganz klar, was überhaupt gemacht werden soll. Ein Prediger reicht uns kleine Zettel, auf denen die Nummern von Liedern stehen. Wir sind natürlich entsetzt über den Gedanken, dass wir hier Kirchenlieder singen sollten, betrachten die Zettel aber offenbar so fachmännisch, dass man glaubt, wir könnten die Auswahl bestimmen. Man reicht uns weitere Zettel mit weiteren Nummern, wir halten sie ratlos in den Händen, es bildet sich ein Kreis um uns, der gerne Entscheidungen hören möchte. Wieviele Lieder wollen wir singen, fünf oder sechs? Das geht ja eine Stunde denken wir, und wir sind doch nicht gekommen, um fromme Lieder zu singen. Wir geben die Zettel zurück, zucken die Schultern, stehen auf, und schon sitzt ein anderer auf unserem Stühlchen. Die Sache will uns nicht gefallen, wir gehen vor das Haus, wo einige weitere Menschen stehen. Die Aussicht ist schön, man sieht die Hügelketten des Nationalparks, könnte von hier aus Wanderungen unternehmen. Es fahren auch Kutschen vorbei, in denen vergnügte Wanderfreunde sitzen. Was tun? Es ist alles ganz schlecht organisiert, nichts ist vorbereitet, man steht und sitzt herum, wird wohl bald die frommen Lieder singen. Es sind eigentlich gar nicht viele Kolleginnen und Kollegen da, die meisten sind irgendwie verschwunden, die Mehrzahl der Menschen sind uns unbekannt. Wir beschliessen, zu verschwinden und uns auf den Heimweg zu machen, was zwar beschwerlich sein wird, weil wir den öffentlichen Verkehr benutzen müssen, vermutlich eine Buslinie. Man wird unsere Abwesenheit gewiss nicht weiter bemerken. Wir gehen also zu Fuss hinunter zur Hauptstrasse, die durch das Tal führt, und suchen dort eine Haltestelle. Wir sind zuversichtlich, dass wir noch nach Wil kommen werden, denn es ist ja noch nicht spät, es ist erst fünf Uhr am Nachmittag, da werden gewiss noch Busse fahren, wenn auch vielleicht nur noch alle Stunden.

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