Montag, 27. Juli 2009

Wir befinden uns in Warschau, in einer harten Zeit, vieles ist zerstört, die Strassen aufgerissen und von breiten Fahrrinnen durchfurcht. Zunächst stossen wir auf eine riesige Zeltstadt, alles kleine, eng nebeneinander stehende Häuschen aus Plastik. Wir photografieren, unter anderem verschleierte Frauen, die sich in diesem Lager aufhalten. Dann geht es weiter, wir wollen zurück zu unserem Hotel, es ist ein modernes, erstklassiges Haus in der Nähe des Bahnhofes, wo wir durchaus sicher und bequem untergebracht sind, aber wir finden den Weg nicht gleich, wir geraten in grosse Vorstädte, gehen Tramlinien entlang, die, wie wir annehmen, zum Zentrum führen sollten, aber nicht zum Zentrum führen, sondern irgendwohin, endlich zu einem grossen Soldatenfriedhof, vor dessen Eingang Taxis stehen, mit denen wir nun gewiss unser Ziel wieder erreichen können. Wir steigen ein, haben aber den Namen unseres Hotels vergessen, wir sagen deshalb, er solle uns zum Bahnhof führen. Ugefragt steigen noch zwei Soldaten ein, in hässlichen braunen Uniformen, ob ich das wolle, sagt der Taxichauffeur, er frage mich, weil man das heute zu fragen pflege.

Donnerstag, 16. Juli 2009

Die Gattin hat, als die drei neuen Katzen kamen, die zwei alten weggegeben, die lieben Tiere sind verschwunden, sind weg, und es wird mir nicht gesagt, wo sie sind. Zwei Tage dränge ich darauf, dass man es mir sagt. Man weicht aus, sagt, sie seien beim Tierarzt, seien bei einer Frau, die sich um sie kümmere. Am Ende erhalte ich die Telephonnummer dieser Frau, die auch der Gattin nicht näher bekannt ist, eine Handynummer. Ich will ihr nun anrufen, aber es ist wohl zu spät, die lieben Tiere sind sicher schon tot.
– Ich erzähle den Traum der Gattin, die entsetzt ist, und entschuldige mich gleichzeitig dafür, dass ich so böse Sachen träume.

Mittwoch, 15. Juli 2009

Frau S. kommt zu uns ins Büro. Sie schliesst die Türe hinter sich, bleibt aber vor der geschlossen Türe stehen, wie um zu zeigen, dass sie jederzeit bereit ist, wieder zu verschwinden, falls ich das wünschen sollte. Sie will mir nämlich etwas Heikles sagen, sie ist der Auffassung, dass es nicht recht ist von mir, mit Frau von N. so viele Male essen zu gehen und dabei immer zu bezahlen. Das bringe eine Frau durcheinander, meint sie mit gedämpfter Stimme, und Frau von N. sei bereits durcheinander. Ob ich nicht wisse, dass sie von Zeit zu Zeit in Bern übernachte, fragt sie. Ja, das wüsste ich, sage ich, das sei doch nichts besonderes, sie habe eben viele Bekannte in Bern. Nein, sagt Frau S., sie übernachte nicht bei Bekannten, sie übernachte in der Waldau, sie gehe freiwillig dorthin, zur Therapie.

Freitag, 10. Juli 2009

Wir sind Soldat bei den Gebirgstruppen, befinden uns im Hochgebirge. Wir müssen uns ausrüsten für eine Übung, die uns hinausführt, in eine eisige Hochgebirgslandschaft. Ein feindliches Biwak ist in der Nähe, wir sollten es überfallen. Alle rüsten sich aus, sehr routiniert, ziehen dicke Pullover an, Kappen, besondere Jacken, die gegen die Kälte schützen. Wir kennen uns nicht so gut aus, haben nicht die gleichen Ausrüstungsgegenstände, wissen nicht, ob wir uns hinreichend schützen können. Insbesondere macht uns eine grosse Gasmaske zu schaffen, die wir mitnehmen müssen. Warum es auf dieser Höhe und bei diesem Einsatz eine Gasmaske braucht, kann uns niemand beantworten. Dann geht es hinaus. Vor uns liegt ein schmaler Grat, der so spitz zuläuft, dass man ihn nicht begehen kann. Wir müssen Zweierseilschaften bilden. Ein Mann wird sich links und ein Mann rechts des Grates bewegen, auf einer Steilwand, die Hunderte von Metern in die Tiefe führt. Es ist nicht so recht zu sehen, wie wir hier vorankommen sollen.

Freitag, 3. Juli 2009

Die Revolution ist vorbei, die alten Gewalten sind wieder an der Macht. Das Schloss Versailles ist allerdings geplündert worden und muss nun neu eingerichtet werden. Wir haben den Auftrag, die Gedecke einzukaufen, Teller, Schüsseln, Silberbesteck, Tafelaufsätze, alle diese kostbaren Sachen, die für grosse Essen nötig sind. Wir betreten das vornehmste Geschäft von Paris, man empfängt uns mit grossen Ehren, hofft auf einen Neuanfang mit den Verkäufen. Mehrere Herren, in Hofkleidung, umringen uns. Für welchen Ort wünschen sie eine Ausstattung, sagen sie. Für Versailles, sagen wir. Wir setzen uns, und man bringt uns als erstes einen kostbaren, bestickten, sehr grossen Tischset aus Damast, mit Ausmassen für einen gtossen Herrn, für einen Vorsitzenden, einen Tischherrn, der gleich meterweise Tischfläche in Anspruch nimmt. Er koste, sagt man uns, 200 000 Francs. Das ist eine Unsumme, die uns aber nicht in Verlegenheit bringt, denn unser Kredit ist ja unbegrenzt. Wenn wir uns richtig erinnern, hat man uns am Hofe bedeutet, dass 22 Millionen Francs zur Verfügung stehen würden. Wir kaufen also diesen Tischset und lassen uns weitere Gegenstände bringen. Und wie haben Sie denn die Revolution überlebt, fragt man uns. Versteckt, sagen wir, bei einem Adeligen, ganz in der Nähe von Versailles. Und ernährt haben wir uns von der Jagd in den königlichen Wäldern.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Wir werden gesucht, man will uns ergreifen und bestrafen. Wir haben uns als Anführer einer Truppe grosser Vergehen schuldig gemacht und haben mit dem sofortigen Tode zu rechnen, wenn man uns findet. Jetzt stecken wir in einer Kelleranlage, deren Zugänge bewacht werden. Man lässt uns noch für eine Nacht gewähren, wir können nicht entweichen, der Zugriff ist für den Morgen vorgesehen. In der Nacht zeigt man uns aber noch einen Ausgang, und es wird uns auch ein Fluchtplan unterbreitet. Wir könnten uns durch ein Kellerfenster retten, und eine alte, alleinstehende, völlig unverdächtige Dame würde uns aufnehmen und verstecken. Wir verwerfen aber den Plan, wollen nicht an seinen Erfolg glauben, warten den Morgen ab. Der Morgen kommt herauf, wir treten vor den Ausgang, aber es erscheinen keine Feinde, es scheint, als sei man plötzlich abgezogen und habe uns vergessen.