Freitag, 9. Januar 2009

Rom. Wir sind Gladiator, Moriturus, gehören zu einer Gruppe, die in einem kleinen Raum beisammen sitzt und nicht weiss, was mit ihr geschehen wird. Gewiss ist, dass Spiele unmittelbar bevorstehen, bei denen wir alle sterben werden, und gewiss auf eine für die Zuschauer interessante Art. Man klärt uns nicht auf, überlässt uns aber gewisse Entscheide. Wollen wir zum Beispiel jene sein, die in der Grube knien? Wollen wir eingemauert werden? Uns gefällt das alles gar nicht, wir fliehen, über Mauern und Strassen und Plätze an den Hafen, wir springen ins Wasser, schwimmend werden wir uns retten können, das ist klar. Wir können uns nämlich an kleinen Schiffen festhalten, die uns fortziehen, ohne uns zu bemerken, und so kommen wir schnell aus der gefährlichen Zone heraus, geraten aber weiterhin in undurchschaubare Zustände. In einem benachbarten Hafen, zu dem wir uns ziehen lassen, wird ein grosses Schauspiel aufgeführt. Wir geraten mitten in die riesige Aufführung hinein, Hunderte von wilden Gestalten fuchteln mit Lanzen, man schreit, man droht. Es sieht am Ende eher nach Aufstand aus als nach Theater. Vielleicht ist es ja ein Aufstand, der als Theateraufführung getarnt worden ist. Wir jedenfalls wollen nichts mit der Sache zu tun haben und versuchen, aus der Gefahrenzone zu kommen. Wir eilen weg, hinter die Kulissen. Es gibt hier weitläufige Anlagen, in denen die Schauspieler eingekleidet und vorbereitet worden sind. Dort steht uns plötzlich eine Frau gegenüber, keine unbekannte, so will es uns scheinen. Wir sehen sie genauer an, sie lächelt ernst, es ist unsere erste und einzige Liebe, die wir vor Jahren in der weiten römischen Welt verloren haben und nie wieder zu finden glaubten. Sie ist kein junges Mädchen mehr, sondern eine schöne starke Frau mit ausdrucksvollem festem Gesicht. Sie sieht uns an und eilt weg, wir finden keine Zeit für uns, es bewegt sich alles, es scheinen grosse Umwälzungen bevorzustehen.

Keine Kommentare: