Montag, 16. Juni 2008

Wir haben einen Mord begangen, kaltblütig, ohne Grund, aus reinem Zufall. Es ist ein schlimmes Verbrechen, das für grosses Aufsehen sorgt. Die Polizei bemüht sich fieberhaft, dem Täter auf die Spur zu kommen. Wir leben ganz wie immer und haben eigentlich keinen Anlass, uns Sorgen zu machen. Es ist unmöglich, dass die Polizei uns findet, unmöglich oder fast unmöglich, irgendeine kleine Chance besteht natürlich schon, irgendeine winzige Lücke gibt es, womöglich hat das Verbrechen im Internet Spuren hinterlassen, wir wissen das nicht. Wir stellen uns jedenfalls unsere Verhaftung vor, überlegen uns, wie wir uns verhalten sollen. Sollen wir gleich aufgeben? Oder entrüstet alles abstreiten? Welche Chancen hätten wir wohl dabei? Wie gut ist das Beweismaterial? Könnten wir überhaupt diese Rolle des unschuldig Verhafteten spielen, würde man es uns nicht sofort anmerken, dass wir der Täter sind? Und was wird geschehen, wenn wir nicht entdeckt werden? Können wir weiter so leben, ohne uns zu verraten? Zehn Jahre, zwanzig Jahre. Wir denken an die Hinterbliebenen des Opfers, an ihre Trauer, ihre Verzweiflung.

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