Samstag, 28. Juni 2008
Sonntag, 22. Juni 2008
Wir sind umgezogen, auf das Drängen der Gattin, die sich immer über die grässliche Musik beklagt hat, die aus dem Nachbarsgarten zu uns drang. Jetzt haben wir ein neues Haus gefunden, in einer Siedlung, für 550 000 Franken. Es zeigt sich schnell, dass der Kauf ein grosser Fehler war, das Haus stammt aus den siebziger Jahren und ist heute schon baufällig. In der Umgebung lungern Jugendliche herum, Ausländer, es ist sehr lärmig, die Fenster sind undicht, die Balkontüre, die ins Freie führt, lässt sich zwar schliessen, kann aber dennoch ganz leicht von aussen geöffnet werden. Es hat keinen Sinn, in diesem Haus irgendwelche wertvollen Dinge aufzubewahren, das ist klar. Es ist schrecklich, es ist furchtbar, wir können hier natürlich niemals wohnen. Wir sind übervorteilt worden, können aber nun den Kauf nicht mehr rückgängig machen.
Montag, 16. Juni 2008
Wir haben einen Mord begangen, kaltblütig, ohne Grund, aus reinem Zufall. Es ist ein schlimmes Verbrechen, das für grosses Aufsehen sorgt. Die Polizei bemüht sich fieberhaft, dem Täter auf die Spur zu kommen. Wir leben ganz wie immer und haben eigentlich keinen Anlass, uns Sorgen zu machen. Es ist unmöglich, dass die Polizei uns findet, unmöglich oder fast unmöglich, irgendeine kleine Chance besteht natürlich schon, irgendeine winzige Lücke gibt es, womöglich hat das Verbrechen im Internet Spuren hinterlassen, wir wissen das nicht. Wir stellen uns jedenfalls unsere Verhaftung vor, überlegen uns, wie wir uns verhalten sollen. Sollen wir gleich aufgeben? Oder entrüstet alles abstreiten? Welche Chancen hätten wir wohl dabei? Wie gut ist das Beweismaterial? Könnten wir überhaupt diese Rolle des unschuldig Verhafteten spielen, würde man es uns nicht sofort anmerken, dass wir der Täter sind? Und was wird geschehen, wenn wir nicht entdeckt werden? Können wir weiter so leben, ohne uns zu verraten? Zehn Jahre, zwanzig Jahre. Wir denken an die Hinterbliebenen des Opfers, an ihre Trauer, ihre Verzweiflung.
Freitag, 13. Juni 2008
Wir besuchen eine Kommune, kommen durch leere, verlassene Zimmer, müssen Vorhänge zurückschieben, die voller Ungeziefer sind, kleine Flöhe und Käferchen hängen in ganzen Trauben an diesen Tüchern und befallen auch uns. Am Ende kommen wir ins Freie, einen vergammelten Hof, wo man lebt, Frauen, Kinder, in der grössten Unordnung, sie bewohnen ein altes, baufälliges Haus, das einen völlig zerstörten, spitzen Giebel hat, der nur noch aus dicken, notdürftig zusammengebundenen Balken besteht, die in den Himmel ragen. Wir gehen tapfer herum, wollen Bekanntschaften schliessen, aber man bemerkt uns kaum, grüsst nicht, ist ganz mit sich selber beschäftigt, mit einer eigenen, schwierigen Existenz. Man sagt uns, dass dieses ganze Paradies für 50 Franken gekauft worden ist, wir seien der N., sagen wir zur einen oder anderen, aber das scheint sie alle gar nicht zu interessieren, die Bewohnerinnen sind unzugänglich, eine davon ist krank, Krebs, hat keine Haare mehr, eine andere, ebenfalls kahl, hat eine Männerstimme. Es handelt sich aber doch um eine Einladung, wir sind Gast, und man setzt uns einen grossen hässlichen alten Kuchen vor, an dem wir ebenfalls Ungeziefer sehen, kleine schwarze Punkte. Wir wagen es aber nicht, etwas dazu zu sagen, denn man ist offensichtlich auch ein bisschen stolz auf diese Zustände und will uns, als Menschen aus einer anderen Welt, etwas erschrecken und quälen.
Donnerstag, 12. Juni 2008
Und uns träumte, dass eine alte Freundin plötzlich zum Schluss gekommen war, dass wir es nun machen sollten, jetzt endlich, nach dreissig Jahren, besser jetzt als gar nie, machen, gewiss, ja, aber wo, wir sind ja auf einem Universitätsgelände, suchen verzweifelt eine stille Ecke, überall hat es Zimmer, Abteile, Boxen, Toiletten, Kartons, Vorhänge, aber überall ist jemand. Am Ende verstecken wir uns hinter einer Dekoration, einem grosse Vorhang, der sich unten bauscht und Raum lässt von der Grösse eines kleinen Zeltes, hier wird uns gewiss niemand suchen, hier kommt niemand hin. Der Büstenhalter ist offen, die Höschen weg, da zieht ein Professor den Vorhang auf, er ist böse, weist uns weg. Wir versuchen es mit einer blöden Ausrede, sagen, ob er noch nie etwas von einem Power Nap gehört habe, ein kurzes Schläfchen müsste doch wohl gestattet sein, aber es erscheinen weitere Professoren, mit mächtigen Häuptern und schwarzen buschigen Augenbrauen, und man weist uns sehr energisch weg.
Montag, 9. Juni 2008
Wir haben eine neue Wohnung, wollen in der Nacht auf die Toilette, diese befindet sich nicht in der Wohnung, sondern im Hausgang, einen Stock höher, wie wir glauben. Dort gibt es aber nur Türen in den Dachstock, die Toiletten sind einen Stock tiefer. Wir steigen also wieder hinunter, da geht das Licht an im Gang, weitere Hausbewohner kommen nach Hause. Wir wollen schnell verschwinden, verfangen uns aber in einer Christbaum-Installation, die im grossen Flur aufgestellt ist. Es handelt sich um mehrere kleine Bäumchen, die untereinander mit silbernen Kettchen verbunden sind. Wer sich hier bewegen will, muss sehr vorsichtig sein, wenn er nicht alles umwerfen will.
Donnerstag, 5. Juni 2008
Wir sind irgendwo eingeladen, von einer Dame, einer Kollegin, es ist eine dieser unverbindlichen, langweiligen Büroeinladungen. Eine Mitarbeiterin der Kollegin, deren Namen wir nicht kennen, verlangt von uns mit Nachdruck eine Briefmarke. Sie geht davon aus, dass wir in unserer Funktion durchaus für die Abgabe von Briefmarken zuständig sind und will sie unbedingt haben, obwohl wir sagen, dass wirt keine Briefmarken haben und jetzt auch weit und breit keine Briefmarke gekauft werden könne. Es darf im übrigen keine Siebziger oder Neunziger-Marke sein, die man üblicherweise bei Briefen verwendet, sondern es muss eine Fünfziger-Marke sein, es gibt eben einen Spezialtarif, den die Mitarbeiterin in Anspruch nehmen will. Wir verziehen uns in unserer Bedrängnis ins Vorzimmer und finden dort den Kollegen N., wie er sehr energisch mit einem seiner Mitarbeiter streitet. Wir fragen ihn, ob er vielleicht eine Briefmarke habe, ja, sicher, er hat eine, aber eine Neunziger. Wir bezahlen sie ihm und marschieren nun mit dieser Neunziger zu unserer Peinigerin zurück und wollen gar kein Geld dafür. Ihre Chefin, unsere geschätzte Kollegin, lächelt und findet gnädige Worte für diese Leistung.
Dienstag, 3. Juni 2008
Wir sind Soldat, Agent im kalten Krieg, im Kampf gegen eine unerbittliche, gefährliche Sowjetunion. Wir haben auf ihrem Gebiet eine kleine, tragbare Rakete zu platzieren, ein etwa anderthalb Meter langes schmales Ding, das vorne eine Verdickung aufweist, einen Gefechtskopf, der ein weites Gebiet in Flammen aufgehen lassen kann. Es gelingt uns tatsächlich, dieses Missile an den Punkt zu bringen, den man uns bezeichnet hat. Wir können uns ganz unbehelligt bewegen, was uns etwas verunsichert, wir denken, dass man uns vielleicht beobachtet, dass man sehen will, was wir machen. Wir deponieren also die Waffe und werden sie nun mittels einer Handytastatur auslösen können, wir brauchen dazu nur auf die Taste T zu drücken. Jetzt erfolgt ein schwieriger Rückzug auf das Gelände der amerikanischen Botschaft, wir erreichen dieses Gelände, passieren zusammen mit anderen Menschen ein Drehkreuz, auch ein Kind wird über dieses Drehkreuz hinweggereicht, alle sind überglücklich, alle unendlich erleichtert, aber die Botschaft, so erfahren wir, ist auch nicht sicher, jeder Punkt kann mit Geschützen beschossen werden, und die Botschafterin vermutet sogar, dass sie und die ganze Botschaft geopfert werden, in einem Handel, den sie nicht durchschaut, aber erahnt.
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