Ich
arbeite in einer altertümlichen Bibliothek, es hat neue Bücher, aber auch viele
vergilbte Bände und Papiere, Schubladen, Kästen, Gestelle aller Art. Ein alter
Herr offeriert uns ein dickes schweres Briefmarkenalbum. Die Marken sind
eingeklebt, liegen aber auch in ganzen Bogen lose im Album, zwanzig, dreissig
Marken an einem Stück. Ich kenne keine einzige. Nehmen wir auch Briefmarken
entgegen, fragt mich eine Mitarbeiterin. Ja, natürlich, sage ich, und bin
hocherfreut, dass ich nun einige dieser womöglich kostbaren Marken problemlos
in meinen Besitz bringen kann. Wir haben doch eine Abteilung mit Briefmarken,
sage ich. Das seien aber keine Briefmarken, sondern nur Kataloge, sagt man und
zweigt mir auf einem Gestell einige wenige Bücher. Daneben möchte uns der Herr
auch eine Kartothek übergeben, einen Zettelkasten, in dem sich Karten befinden,
auf denen sich Daten und Beschreibungen von verschiedensten Persönlichkeiten
befinden. Auch diesen Kasten nehmen wir gerne entgegen, obwohl ich keine
einzige dieser Personen kenne. Es sind hauptsächlich Spanier, alle aus dem 19.
Jahrhundert. Interessant ist, dass sich auf einzelnen dieser Karten auch wieder
schöne alte Briefmarken befinden, die ich gewiss ablösen kann, ohne dass die
Karteikarten beschädigt werden. Dann findet eine Zusammenkunft statt, Besucher
und Mitarbeiter stehen herum, man erklärt und zeigt gewisse Einrichtungen der
Bibliothek. Leider müssen wir auch festhalten, dass unser ehrwürdiges Gebäude
immer wieder von Vandalen beschädigt wird. Wände und Türen sind alle mit dunklem
Holz verkleidet und mit schönen Schnitzereien geschmückt. Die Vandalen haben
nun Wände und Türen verkratzt und mit tiefen Schnitten seltsame rautenförmige
Zeichen ins Holz geritzt, und diese dann sogar in einem späteren Arbeitsgang
mit goldfarbigem Kitt aufgefüllt. Gerade ist hinter dem Rücken der Versammelten
ganz frech ein neues Zeichen angebracht worden. Da die Goldfarbe noch fehlt,
nehmen wir an, dass sie demnächst noch eingefügt werden wird. Wir beauftragen
daher eine Teilnehmerin, doch bitte dieses Zeichen nicht aus den Augen zu
lassen und laut zu rufen, wenn die Übeltäter erscheinen. Wir könnten uns dann
alle auf sie stürzen und sie festnehmen.
Montag, 4. Juni 2018
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