Samstag, 9. September 2017


Ich bin höherer Beamter, der drei Monate vor seiner Pensionierung noch aus unerfindlichen Gründen, vielleicht als Belohnung, nach Boston fliegen kann und dort, wie ich glaube, als Gast einige ruhige Wochen in einer amerikanischen Unternehmensberatungsfirma verbringen kann. Es herrscht dort hektischer Betrieb, junge dynamische Leute rennen herum, alles echt amerikanisch. Ich werde kaum beachtet und hoffe auch, dass ich nicht weiter beachtet werde. Das erweist sich aber als grosser Fehler. Die Amerikaner gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass ich sofort, ohne weiter zu fragen, wichtige Arbeiten aufnehme. Nach einem Tag verlangt man von mir einen grossen Bericht für einen Kunden, für den mir, ohne dass ich es weiter bemerkt habe, gleich beim Eintritt einige wenige Notizen von einem der Chefs hingelegt worden sind. Jetzt sind diese Notizen, von denen man geglaubt hat, dass ich sie zu einem Bericht ausarbeiten würde, dem Kunden als Schlussbericht übergeben worden. Dieser ist natürlich entsetzt und in keiner Weise befriedigt. Man kommt verärgert auf mich zu und macht mir Vorwürfe. So geht es ganz und gar nicht, so kann man hier nicht arbeiten! Ich versuche mich zu rechtfertigen und sage, dass ich ja gar nicht als Mitarbeiter eingestellt worden sei, sondern nur als Gast hier sei. Auch von einem Gast verlange man die gleichen Leistungen wie von den hochqualifizierten Experten des Unternehmens, sagt man. Ich verweise darauf, dass ich keinerlei Erfahrung in diesem Bereich hätte und zudem bald fünfundsechzig Jahre alt sei, also rund dreissig Jahre älter als die anderen Mitarbeiter. Man schüttelt nur den Kopf und kann nicht verstehen, warum ich dann hier bin.

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