Montag, 28. Juni 2010
Die ganze Familie rast in einem sehr schnellen, wendigen, aber auch kleinen Helikopter hoch über Wäldern dahin. Ich muss, weil es nicht anders geht und kein besserer Platz vorhanden ist, auf dem Bauch liegen, wobei Kopf und Beine frei in der Luft schweben. Es ist weniger gefährlich als es aussieht, wir stürzen nicht ab, haben aber schreckliche Angst vor einem Unfall. Wir landen schliesslich sicher, und am Boden zeigt der Helikopter seine ausserordentlichen Fähigkeiten, indem er sich leicht auf die Seite neigt, zur Gattin, und sich tätscheln lässt.
Sonntag, 27. Juni 2010
Es findet eine grosse Versammlung statt, eine Art Kongress, es geht um zentrale Staats- und Verfassungsfragen. Wir haben eine wichtige Mitteilung zu überbringen, erscheinen erst spät, nach langen Diskussionen, um Mitternacht. Im Vorzimmer empfängt man uns ehrerbietig, nimmt unseren Mantel entgegen und führt uns sogleich in den Verhandlungraum. Draussen auf der Strasse trabt dabei Kavallerie herbei, die Hufschläge widerhallen in der nächtlichen Stadt. Im Saal sitzen um einen langen Tisch vielleicht fünfzig Würdenträger, hinter ihnen stehen Diener und Sekretäre. Es sieht dies alles nach einem früheren Jahrhundert aus. Man führt uns an obere Ende des riesigen Tisches, zu den Herren, welche die Versammlung leiten. Wir sind nicht genau im Bild, kennen nicht alle Details, es scheint aber, dass wir eine wichtige Mitteilung zu verkünden haben, ein Edikt, eine Deklaration oder Proklamation, mit der sich neue Machthaber an die Untertanen wenden. Wir wissen nicht, um was es geht und wer neu an der Spitze des Staates steht. Aber der Stille im Saal, dem Ernst und der Ehrfurcht auf allen Gesichtern entnehmen wir, dass wir selber eine sehr wichtige Rolle spielen, selber wohl der neue König sind.
Dienstag, 22. Juni 2010
Wir sind in einer uns kaum bekannten Gesellschaft, die skifahren geht. Wir müssen auch mit, ob wir wollen oder nicht. Da es in der Gegend unseres Hotels keinen Schnee mehr gibt, fahren wir mit einem Bus in ein anderes Tal, wo es einen Skilift gibt, der in höhere, schneesichere Regionen führt. Wir haben, was ganz dumm ist, die Skijacke vergessen und stehen nun ohne Jacke beim Skilift an, der in grosse Höhen führen wird. Es ist ein sonderbarer, sehr unbequemer Lift. Die Skifahrer müssen sich direkt am Seil halten und ohne Skis mit den Füssen auf einem Stab stehen, der nicht unter ihnen, sondern weit vor ihnen angebracht ist, sodass sie in fast waagrechter Haltung hängend fahren. Das kostet, wie wir sofort merken, sehr viel Kraft. Es ist unklar, ob wir die lange Reise aushalten, und sicher werden wir uns ohne Jacke furchtbar erkälten. Den schwierigen Start haben wir immerhin erfolgreich bewältigt, wir mussten uns zunächst am Seil halten, wurden so frei schwebend über eine etwa drei Meter hohe Mauer gehoben und konnten erst dann auch die Füsse auf die Stäbe stellen.
Donnerstag, 17. Juni 2010
Wir sind in einer Wohnung, sie gleicht der Wohnung, in welcher wir als Kind gelebt haben, eine Vierzimmerwohung, eingeschossig, alle Zimmer erreichbar vom Eingangsbereich her. Es ist Nacht, wir stehen auf, um auf die Toilette zu gehen, werfen einen Blick ins Zimmer, in dem die Gattin schläft. Dieses Zimmer ist leer, die Gattin ist nicht da. Wir werden unruhig, gehen durch die Wohnung, aus dem dritten Zimmer, in dem niemand schläft, hören wir leise klassische Klavoiermusik. Wer oder was hat sich dort eingerichtet. Wir klopfen an, wollen öffnen und bemerken, dass die Türe verschlossen ist. Wir rufen, rufen ein zweites Mal. Dann öffnet sich die Türe einen Spalt breit, wir sehen nur gerade, dass es ganz dunkel ist, dann schliesst sich die Türe wieder. Wir sind zutode erschrocken und erwachen auch zutode erschrocken, es geht eine Weile, bis wir uns gefasst haben.
Samstag, 12. Juni 2010
Wir sind im Busch, in unzugänglichen Urwäldern, mit einer kleinen Expedition haben wir uns verirrt, bauen jetzt in der Not eine Unterkunft, aus Ästen, die wir zusammenleimen. Wir haben einen ausgezeichneten Klebstoff entdeckt, wir gewinnen ihn aus dicken gelben Giftspinnen, die so gross sind wie eine Hand.
Donnerstag, 10. Juni 2010
Wir sind an einem Kongress über Völkerrecht, haben aber keine Ahnung von den Themen, die zur Diskussion stehen und kennen auch keinen Menschen. Wir finden uns im Hotel nicht zurecht und kommen viel zu spät in das Sitzungszimmer, in welchem nur wenige Teilnehmer an einem langen Tisch sitzen. Wir holen uns einen der Stühle, die an der Wand stehen, und setzen uns weit weg vom Vorsitzenden an eine freie Stelle.
Samstag, 5. Juni 2010
Und wir sind auf dem Römer Flughafen Fiumicino und möchten uns einchecken, für den Rückflug. Ein Angestellter bei der Abfertigung studiert lange unser Billett, das auf eine kleine Billigflug-Gesellschaft lautet. Er erklärt, dass dieser Flug um zwei Tage verschoben worden sei, wir sind bestürzt und stottern in schlechtem Italienisch, dass wir unbedingt heute nach Hause fliegen müssten, ob es keinen anderen Flug geben würde. Da spricht der Angestellte plötzlich ohne jeden Uebergang Schweizer Dialekt und sagt, dass in zwanzig Minuten ein Swissair-Flugzeug abfliege, und dass wir dieses Flugzeug nehmen könnten, das sei ohne weiteres möglich, er gebe uns zu diesem Zweck ein Jesuitenbillett. Er kramt in einer Schublade und zieht eine Reihe von schwarzen Gutscheinen hervor. Für die Jesuiten, so sagt er, müssten immer eine Reihe von Billetts bereitgehalten werden, die, wenn sie nicht in Anspruch genommen würden, in Ausnahmefällen an andere Personen abgegeben werden könnten. Ein solcher schwarzer Flug würde uns in diesem besonderen Falle nichts kosten, wir müssten jetzt allerdings sofort zum Flugzeug. Und wir eilen durch die marmornen Gänge und erreichen mit den letzten Passagieren die startbereite Maschine. Aber als wir schon in der Luft sind, bemerken wir, dass wir zwar beide Koffer bei uns haben, aber unsere wunderbare alte Mappe irgendwo haben stehen lassen. Und wir machen uns einige Sorgen, weil wir nicht sicher sind, ob unsere Adresse in der Mappe zu finden ist, und auch annehmen müssen, dass sich irgendwelche persönlichen Sachen darin befinden, Kritzeleien, Notizen, Aufzeichnungen, Entwürfe, gewiss wie immer nichts Unersetzliches, aber vielleicht, denken wir, irgendwelche Sätze, die auf diejenigen, welche die Mappe untersuchen würden, doch sehr befremdlich wirken könnten. Aber wie dem auch immer sein mochte, wir sind jedenfalls in der Luft, mit einem Jesuitenbillett, und überaus zufrieden, so problemlos nach Hause zu kommen.
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