Freitag, 16. April 2010

Wir sind in den Ferien, im Süden, allein, in einer etwas schäbigen Ferienanlage. Am Tag wird nichts geboten, wir sind frei, können machen, was wir wollen. Am Abend stehen zwei Verpflegungsmöglichkeiten zur Verfügung, ein Restaurant, wo es langweilig ist, muffig, mit unfreundlicher, langsamer Bedienung, und eine Kantine mit Selbstbedienung, wo wir wenigstens rasch essen können. Nach einer schönen Wanderung durch kleine Dörfer kommen wir gegen Abend zurück, überlegen, wo wir essen wollen, entscheiden uns für die Kantine, sehen aber, dass sich einige Leute auf einem kleinen erhöhten Parkplatz versammeln, um den Sonnenuntergang zu sehen. Diesen wollen wir uns auch ansehen. Die Sonne steht gross und rot am Horizont, bewegt sich aber auch, fährt nicht nur am Himmel dahin, sondern auch vor einem Gebirgskamm, wo sie seltsamerweise auch erscheinen kann. Sie schwebt vor dem Gebirge, es ist, wie wenn von einem Scheinwerfer ein Lichtkreis auf das Gebirge geworfen würde. Wir gehen über den Parkplatz, allein, ein alter Knabe, der aber immerhin so attraktiv ist, dass er einer Gruppe von älteren Frauen auffällt, die lustige Sprüche machen. Das wäre doch etwas für dich, sagen sie zueinander. Wir kommen zum Ende des Parkplatzes, wo es steil hinunter zum Meer geht und sich auch eine ganz schmale, tiefe Schlucht öffnet, eine Touristenattraktion, die sich nun auch die Frauengruppe ansieht. Es ist nicht ungefährlich, denn es hat kein Geländer, und wenn man in die Schlucht hineinsehen will, muss man im freien abschüssigen Gelände herumklettern. Eine der Frauen legt sich hin, unvorsichtigerweise, sie will hinuntersehen und würde, wenn wir sie nicht im letzten Moment an den Füssen festhielten, in die Tiefe rutschen. Dieses Missgeschick hindert eine andere Dame nicht daran, den Erdspalt zu erkunden. Sie verliert das Gleichgewicht, fällt hinein und wird vom strömenden Wasser in ein Loch gerissen, das gerade so gross ist, um einen Körper zu verschlingen. Schon sind nur noch ihre Hände zu sehen, sie suchen verzweifelt nach Halt. Eine Frau will helfen, steigt hinunter, von uns gehalten. Es gelingt ihr wirklich, die Hände zu packen, die unvorsichtige Frau kann tatsächlich wieder aus ihrem Felsloch gezogen und gerettet werden. Das ist nun wirklich eine echte Lebensrettung, sagen wir alle, stehen herum, sind einigermassen erleichtert, aber auch nicht erfreut, es gibt keinen Dank, wir unternehmen weiter nichts gemeinsam, sondern gehen weiter unsere einsamen Wege.

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