Montag, 21. Juli 2008

Jetzt haben wir das abschiessende Hauptverlesen verpasst, unten im grossen Hof sehen wir alles stehen, in Reih und Glied, alles nach seinem Rang, es ist der letzte Tag des Dienstes, ein feierlicher Moment, der Oberst zieht Bilanz, ermahnt, tadelt, ermutigt ein letztes Mal. Dass wir nicht unten stehen, ist natürlich gar nicht gut, wie konnten wir nur diesen Schlussakt vergessen, was haben wir gedacht, irgendetwas Unerfindliches hat uns aufgehalten, in den oberen Räumen der Kaserne, wir dürfen uns jetzt natürlich nicht zeigen, müssen warten bis zum Abtreten und dann still verschwinden, man wird unsere Abwesenheit natürlich nicht bemerken, man hat uns nie viel bemerkt, wir leben in einer anderen Zeit, einer anderen Sphäre. Nach dem letzten Befehl, dem Abtreten, zerfallen die Reihen, eilen alle sofort in alle Richtungen weg, kein Befehl kann sie mehr erreichen, auch wir sind demnach frei, gehen nach unten, man sieht uns, kann uns aber nicht mehr zur Verantwortung ziehen, man nimmt zu unseren Gunsten an, dass uns irgendein Sonderbefehl vom Hauptverlesen abgehalten hat, Sonderaufgaben gibt es ja immer, und man weiss, dass wir ein Spezialist für solche Sonderaufgaben gewesen sind, also lässt man uns in Ruhe, und auch wir gehen unsere Wege.

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