Sonntag, 20. April 2008

Wir sehen Hitler mit finsterem Gesicht im Kreise der Seinen sitzen, in einem Unterstand, von dem aus ein furchtbares Weltgeschehen geleitet wird, irgendwo finden Kämpfe statt, man muss in eiserner Entschlossenheit die letzten Reserven aufbieten und in den Endkampf schicken, jeder muss teilnehmen, es gibt keine Ausnahmen. Es ist klar, dass denjenigen, die sich jetzt zu drücken versuchen, schärfste Strafen drohen, auch wir werden eingeteilt und müssen uns, mit Gepäck und Skis in eine lange Zweierkolonne stellen, verlieren aber beim Abmarsch den Kontakt. Das ist gefährlich, man wird uns als Deserteur ergreifen, es herrschen chaotische Zustände, der Himmel ist schwarz, in der Ferne knallt und blitzt es, grosse schreckliche Fahrzeuge rasen in einer weiten Landschaft herum, Kämpfer ziehen in langen Kolonnen vorbei, wir stehen am Strassenrand, ein Trupp Frauen erscheint, eine Kampfbrigade, hält an, kreist uns ein, will uns nun aber nicht bestrafen, sondern uns eine nützliche Funktion zuweisen, sie verheiraten uns mit einer Soldatin. Seltsamerweise ist das aber ein Mann, wir beschliessen, dennoch beisammen zu bleiben, treten als Ehepaar auf, und dieser Status scheint uns einigen Schutz und bessere Überlebenschancen zu bieten. Wieder geht alles drunter und drüber, ein riesiges Gefährt erscheint, ein Lastwagen, auf dessen Ladefläche nur ein gewaltiger Kopf liegt, der Kopf ist lebendig, er gehört einer Nazigrösse, einer Art Göring, das Fahrzeug hält, der Kopf ist ein lasterhafter Kopf, will auch in diesen schweren Stunden nur seine Lust haben, ein langer Penis wird ausgefahren, wie ein Schlauch, und von unserer „Frau“ wird erwartet, dass sie ihn küsst. Das tut sie, wir aber gehen zur Seite, rennen weg, der Penis aber verfolgt uns, steht über uns und duscht uns, es ist ein warmer tröpfelnder Regen, wie aus einer breiten Brause, Schlimmeres geschieht uns nicht. Wir irren weiter, auf der Suche nach unserer Abteilung, man sagt uns, wir würden abgeholt, es holt uns aber niemand ab, wir warten am Ende auf einem grossen Sammelplatz, sitzen an langen Tischen, wartend, einer Führer geht durch die Reihen, einer dieser unbarmherzigen, gnadenlos harten, scharfen Offiziere, auf deren Schultern Hitler die ganze ungeheure Last des Kampfes gegen die Untermenschen gelegt hat. Er sieht den Bleistift, den wir in den Händen halten, er sieht auch einige Zettelchen, die wir unter Gepäckstücke geschoben haben, er sieht, dass wir uns Notizen gemacht haben, das ist todeswürdig, das ist ein ungeheures Verbrechen, wir wissen, dass er uns nun auf eine ausgefallene und entsetzliche Art bestrafen wird, was wird er tun, denken wir, stösst er uns den Bleistift in den Leib, verlangt er, dass wir ihn verschlucken. Der Offizier kommt aber nicht dazu, sich mit unserem kleinen Fall zu beschäftigen, er wird abgelenkt und von anderen Aufgaben in Anspruch genommen, denn ganz in der Nähe ist wieder ein furchtbares Feuer ausgebrochen, der halbe Himmel färbt sich tiefrot, schwarzer Rauch zieht uns entgegen.

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