Freitag, 16. Mai 2008

Es ist der Tag vor der endgültigen Entlassung aus dem Wehrdienst. Viele Soldaten versammeln sich, überall liegen Gepäckstücke und Gewehre, alles steht herum, in der Dorfmitte auf einem grossen Platz, oder hockt in den umliegenden Beizen. Ich vermisse den Effektensack mit meinem Ausgangstenue und die Schuhe. Wenn ich ihn nicht finde, werde ich am nächsten Tag Schwierigkeiten beim Abtreten haben. Spät am Abend suchen wir noch, gehen über den Platz, auf dem nun auch grosse flache Fleischstücke liegen, die in der Küche nicht mehr verwendet werden konnten und nun in der allgemeinen Aufbruchsstimmung von irgendwem einfach weggeworfen worden sind. Ich sehe ein kleines, wurmartig sich windendes Tierchen, das sich an den Fleischstücken zu schaffen macht. Ein Skorpion, rufen wir, ein Skorpion. Dunkle Gestalten streichen herum, Obdachlose, Bettler, die nach den Fleischstücken greifen. Dann eine Versammlung, alles setzt sich, gruppenweise, Kamerad zu Kamerad, ich stehe lange herum und finde meine Kollegen nicht. Am Ende liege ich zum Schlafen bereit im Kantonnement, in einem Saal, zwei Frauen erscheinen, Soldatinnen, die sich von mir verabschieden, eine küsst mich und sagt, sie wolle mich auch später noch sehen, privat, es ist eine schöne schlanke Frau, die aber das halbe Gesicht mit einer weissen Salbe eingeschmiert hat, wegen eines Ausschlags. Ich finde meine Sachen nicht und muss beim Abtreten zu einem Trick greifen, wie man eben im Militärdienst zu Tricken greift. Ich erscheine mit einer orangefarbigen Polizeijacke und tue so, als ob ich bis zuletzt bei der Verkehrsregelung eingesetzt worden wäre, das geht durch. Ein alter Hauptmann erscheint, mit einem versoffenen grauen Gesicht geht er vor uns auf und ab und erklärt, man müsse in Zukunft die Neuen besser integrieren. „Dann verteilen Sie das nächste Mal nicht 300 Mann auf 58 Zimmer“, ruft ein Soldat dazwischen. Der Hauptmann sieht ihn ernst an und sagt: „Es geht auch so! Es geht auch so!“

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