Montag, 19. Januar 2015
Wir sind Passagier auf einem kleinen Meerschiff, und eine Rettungsübung
findet statt. Die Passagiere werden an einer Leine im Abstand von gegen hundert
Metern ins Wasser gelassen. Sie müssen dazu einen schwarzen, ziemlich lausigen
Schwimmanzug anziehen, der einem Kehrrichtsack ähnlich sieht und nicht
wasserdicht ist, aber offenbar einen Menschen gut über Wasser halten kann. Wir
zögern natürlich, stehen hinten an, wollen erst mit den Letzten ins kalte
Wasser gelassen werden. Diejenigen, die schon an der mittlerweile
kilometerlangen Leine im Wasser sind, schweben hilflos herum. Ist diese dumme
Übung denn wirklich nötig? Wir denken, dass sie sicher nicht schaden kann, aber
doch sehr lästig ist. Wann werden denn diese armen Menschlein wieder aus dem
Wasser geholt?
Samstag, 3. Januar 2015
Unsere Abteilung bezieht neue Büroräumlichkeiten. Alle haben ihr
Arbeitsplätze in einem grossen hohen Raum, der durch zwei Meter hohe Stellwände
unterteilt ist. Man sieht sich also nicht, wird aber sicher alle Gespräche
hören. Ich bekomme ein Büro mit Blick ins Freie, darf neben einem hohen
Glasfenster sitzen, das die ganze Wand einnimmt. Das Glas ist aber mit weissen
Mustern abgetönt, damit man von aussen nicht hineinsehen kann. So ganz unsichtbar
werden wir aber doch nicht sein, vor allem, wenn wir das Licht anzünden. Mein
Büro ist gross, ich muss es aber
vorläufig mit einer externen Expertin teilen, einer grossen blonden schönen
Frau. „Muss ich jetzt hier leben?“ sage ich bei der Begrüssung, worauf sie
herzlich lacht, wie über einen verblödeten Bürokraten, der nach dreissig Jahren
zum ersten Mal sein Büro wechseln muss und daher ganz verwirrt wird. Ich lache
auch und versuche, die böse Überraschung zu verbergen. Wie soll ich hier
arbeiten können? Und wird mich die Blondine stören? Hat sie viele Telefonate,
und wird sie hier vielleicht Besprechungen abhalten? Ich hoffe, dass sie viel
abwesend sein wird. Der Frau bin ich offenbar nicht völlig unsympathisch, sie
scheint sogar einen gewissen Respekt vor mir zu haben und möchte vielleicht,
angesichts des besonderen Rufes, den ich als tüchtiger und kompetenter
Wissenschafter habe, gerne mit mir in Kontakt kommen. Vielleicht hat sie sogar
die Verteilung der Arbeitsplätze extra so angeordnet, dass sie mit mir einen
Raum teilen kann.
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